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Lokales

NABU gegen Umweltministerium: Streit um Wölfe verschärft sich

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Uelzen/Hannover. Seit die ersten Wölfe wieder in Niedersachsen heimisch sind – der erste neuzeitliche Nachweis eines standorttreuen Rüden gelang 2007 – sorgen die grauen Raubtiere für anhaltende Kontroversen. Auch in unserem Landkreis fallen Wölfe immer wieder dadurch auf, dass sie nicht nur einzelne Weidetiere reißen, sondern regelrechte Blutbäder vor allem in Schafsherden anrichten. Problemwölfe erschießen – oder „entnehmen“, wie es im Behördendeutsch heißt? Mehr und besseren Schutz für Weidevieh? Die Debatte wird rauer, derzeit zwischen NABU und dem Niedersächsischen Umweltministerium.

Der NABU hat inzwischen eine EU-Beschwerde gegen die Wolfspolitik des Landes eingereicht. Das Ministerium kommentiert, die Gegenseite wolle wohl jetzt die eigenen Vorstellungen von Artenschutz durchzusetzen, nachdem sie mehrfach vor Gericht gescheitert sei. Minister Olaf Lies dazu: „Die niedersächsische Wolfsverordnung hält sich in allen Punkten an das Bundesnaturschutzgesetz und damit auch an die FFH-Richtlinie. Dazu gehört neben der strengen Überwachung des günstigen Erhaltungszustands auch die Prüfung zumutbarer Alternativen zum Abschuss. Es geht dabei keineswegs um die Etablierung wolfsfreier Zonen, sondern lediglich um die Entnahme derjenigen Wölfe, die in der Kulturlandschaft Niedersachsens die größte Gefahr für die Akzeptanz und damit die langfristige Überlebensfähigkeit der Art darstellen.“

Inzwischen hat eine Verbändeanhörung zur Niedersächsischen Wolfsverordnung stattgefunden. Das Umweltministerium wirft dem NABU vor, dabei keine konstruktiven Vorschläge gemacht zu haben. Dem NABU-Landesvorsitzenden Dr. Holger Buschmann außerdem vorgeworfen, beim Thema Wolf zu polarisieren, statt Sachargumente vorzubringen.

Lies: „Wenn der NABU behauptet, Niedersachsen stelle sich nicht den Herausforderungen der Koexistenz mit dem Wolf, verkennt er offenbar die beträchtlichen finanziellen Anstrengungen zum Herdenschutz, von denen unter anderem auch das NABU-eigene Herdenschutzprojekt profitiert. Insgesamt hat Niedersachsen angesichts von mittlerweile 35 Rudeln im vergangenen Jahr Herdenschutzmaßnahen in Höhe von über fünf Millionen Euro gefördert.“

Der Naturschutzbund hält in einer Erklärung gegen: „Schließlich hat sich der NABU bereits seit Jahren klar zur Entnahme von Problemwölfen bekannt. Allerdings muss ein Problemwolf, beziehungsweise ein Wolf mit auffälligem Verhalten, nach klaren Kriterien definiert werden, wie es beispielsweise die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes (DBBW) und das Bundesamt für Naturschutz machen. Ein Wolf ist aus Sicht des NABU erst dann ein Problemtier, wenn er die empfohlenen und nachweislich wirkenden wolfsabweisenden Herdenschutzmaßnahmen überwindet und nicht, wenn er an Deichen oder bei Rindern ungeschützte Tiere erbeutet.“

Der NABU kritisiert die Verordnung unter anderem deswegen, weil in ihr davon ausgegangen wird, dass Rind und Pferd sich per se verteidigen können und für sie keine wolfsabweisenden Zäune nötig seien. Laut NABU zeigt die Praxis oft genug das Gegenteil. Außerdem üben die Umweltschützer deutliche Kritik am „zumutbaren Herdenschutz bei Deichen und anderen Hochwasserschutzmaßnahmen“. Dort sehe die Verordnung, so der NABU, einfache Zäune als ausreichend an.

Das Umweltministerium moniert scharf: „Der NABU hatte im Rahmen der Verbändeanhörung Gelegenheit, die Wolfsverordnung mit konstruktiven Vorschlägen zu bereichern. Diese blieben jedoch weitgehend aus, da man beim NABU dem Erhalt der Weidetierhaltung und den von ihr abhängigen, geschützten Arten offenbar weniger Bedeutung beimisst als dem bedingungslosen Schutz auch noch des problematischsten Einzelwolfes.“ Bleibt abzuwarten, wie die EU-Parlamentarier auf die Beschwerde reagieren. Michael Michalzik

Symbolfoto: Adobe Stock