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Ausbildung und Beruf

Agentur für Arbeit: Kurzarbeit fängt Pandemie-Bedrohung auf

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Von Michael Michalzik

Uelzen/Landkreis. Pandemie trifft Arbeitsmarkt: Fast ein Jahr ist vergangen, seit Corona auch den Landkreis Uelzen in die nie dagewesene Krise eines Lockdown stieß - mit den bekannten Auswirkungen auf unseren Handel, die Wirtschaft und die Gastronomie. Wie stark wurde der Arbeitsmarkt in unserem Landkreis getroffen? Eine Frage, die Kerstin Kuechler-Kakoschke, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lüneburg-Uelzen, Andreas Rösler, Leiter des Jobcenters Uelzen, sowie Jeanette Unterberger, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Lüneburg-Uelzen, anlässlich der Vorstellung der Jahreszahlen im Gespräch mit den Uelzener Nachrichten beantwortet haben. In der Tat hat Corona den hiesigen Arbeitsmarkt kaum getroffen: Binnen Jahresfrist ist die Zahl der Arbeitslosen im Landkreis Uelzen von 5 Prozent auf 5,5 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: In Lüneburg sind es derzeit 6 Prozent, in Lüchow Dannenberg 7,9 Prozent. Kuechler-Kakoschke: "Das ist eine sehr positive Nachricht." Denn eigentlich mache die Nähe zu Hamburg dem Landkreis Uelzen eher zu schaffen - durch den Pendler-Faktor: Wenn in Hamburg Arbeitsplätze wegfallen, schlägt sich das in der wohnortbasierten Statistik der Agentur dort nieder, wo die Pendler wohnen. Ein Vorteil für den Standort Uelzen seien eine Reihe ansässiger Branchen, die unabhängiger von der konjunkturellen Entwicklung sind.

Woran es seit 2020 bis jetzt hapert, sind saisonale Jobs. Die gesamten Dienstleistungen im Außenbereich, Gastronomie, Bau, Lageristik sind betroffen. Viele Betriebe, die saisonal mehr Kräfte einstellen, können das derzeit nicht tun. Wichtigstes Werkzeug in dieser Situation: Kurzarbeit. Die Agentur für Arbeit Lüneburg-Uelzen reagierte vor einem Jahr ohne zu zögern und stockte den Fachbereich Kurzarbeit von 15 auf inzwischen 200 Mitarbeiter auf. Kuechler-Kakoschke: "Ganz viele Kollegen haben sich freiwillig gemeldet, um den Bereich zu verstärken, etwa Berufsberater, die immer noch nicht in die Schulen können." Amtshilfe gab es aber auch von der Telekom, der Rentenversicherung sowie vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Unterstützung entsandten. Jeanette Unterberger: "Es ging darum, schnell und pragmatisch zu helfen."

Viele Unternehmen erkannten auch im Landkreis Uelzen schnell den Wert von Kurzarbeit: "Das ist für uns ein ganz wichtiges Signal: Die Unternehmen setzen auf Kurzarbeit, weil sie sicher sind, dass es irgendwann wieder normal weitergeht." Auf dem Höhepunkt der Anmeldungen im April 2020 waren im Landkreis Uelzen 9292 Mitarbeiter gemeldet. Tatsächlich in Anspruch genommen wurde Kurzarbeit dann für 3582 Mitarbeiter. Das lag daran, das viele Unternehmen keine Erfahrung mit Kurzarbeit hatten und zunächst einmal der Empfehlung der Agentur für Arbeit folgten, alle Mitarbeiter zu melden. 6,8 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen in unserem Landkreis waren im Juli 2020 in Kurzarbeit. Zum Vergleich: niedersachsenweit waren es 8,8 Prozent, bundesweit 9,9.

Das verarbeitende Gewerbe hatte im vorigen Juli mit 35 Prozent den höchsten Anteil der insgesamt 2441 Kurzarbeiter im Landkreis Uelzen. Kuechler-Kakoschke: "Das kennen viele dieser Unternehmen aber. Zum Teil ist dort Kurzarbeit Teil des Tarifvertags, Aufstockungen von 90 oder 100 Prozent sind üblich, sodass den Mitarbeitern keine Nachteile entstehen." 17 Prozent der Kurzarbeiter entfielen auf das Gastgewerbe, 16 Prozent auf Handel, Instandhaltung sowie KfZ-Reparatur. Im Durchschnitt entfielen insgesamt in unseren Kurzarbeit-Betrieben 39 Prozent der Arbeitszeit. Die Effizienz des Werkzeugs Kurzarbeit zeigt sich in absoluten Zahlen: Im Juni 2020, mitten in der Pandemie, betrug die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze im Landkreis Uelzen 30.117. Das waren 91 mehr als im Vorjahresmonat: "Corona führte 2020 zu keinem Arbeitsplatzabbau im Landkreis Uelzen."

Wobei das Corona-Jahr 2020 zugewanderten Mitbürgern allerdings hart zusetzte: "Bis 2019 konnten Zugewanderte von ihren erworbenen Sprachkenntnissen insbesondere auf dem Arbeitsmarkt profitieren. 2020 gab es diesen Markt nicht mehr", so Andreas Rösler. Da die Berufswelt ein wesentlicher Ort zur Integration sei, wirke sich die Situation auch gesellschaftlich aus - zumal ja auch eine Integration über die Vereine derzeit nicht möglich sei: "Die Menschen sitzen zum Teil sein einem Jahr zu Hause, bleiben unter sich und sind gesellschaftlich an den Rand gedrängt." Auch Frauen, insbesondere Alleinerziehende, habe die Lage sehr getroffen, da teils die Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder fehlten, um selber im Beruf voranzukommen.

Seit März 2017 müssen Agentur für Arbeit und das Jobcenter in Uelzen ihre Türen geschlossen halten - fast: Manche Fälle lassen sich nur im persönlichen Kontakt lösen, dazu stehen spezielle Arbeitsplätze mit entsprechenden hygienischen Vorrichtungen zur Verfügung. Grundsätzlich, so Kuechler-Kakoschke, klappt die Betreuung aus der Distanz sehr gut: "Wir sind weiterhin auf Abstand, aber nah am Kunden." Andreas Rösler hat allerdings Fälle, in denen die Möglichkeiten zur digitalen Kommunikation nicht gegeben sind. Da sei es sehr wünschenswert, dass bald wieder mehr Kontakte möglich seien.

Die Agentur für Arbeit Lüneburg-Uelzen sieht sich selbst jetzt mehr in der Pflicht denn je, unter anderem beim Thema Ausbildung oder Duales Studium. Entsprechend gibt es digitale Informationsangebote und Online-Checks für Berufseinsteiger. Auch die jüngst stattgefundene digitale Ausbildungsbörse sei ein voller Erfolg gewesen: "Wir bringen Menschen und Arbeit zusammen." Denn Ausbildung, so Kuechler-Kakoschke, sei für die Unternehmen die wichtigste Antwort auf die Frage nach Fachkräften: "Das Thema hat sich ja durch Corona nicht erledigt." Noch relativ neu sei die Beratung auch für Beschäftigte: "Gerade in dieser Zeit kann es sein, dass sich das Arbeitsumfeld verändert, die Lebensumstände sich ändern. Wir haben eine Lücke beschlossen und bieten Beratung ausdrücklich auch für Berufstätige an. Damit sind wir nun wirklich für alle da, für junge Menschen, die die ersten Schritte ins Berufsleben machen, für Menschen, die arbeitslos geworden sind, und für diejenigen, die vielleicht den Wunsch haben, sich in einem anderem als den jetzigen Beruf zu verwirklichen."

Foto 1 (Michalzik): Die Agentur für Arbeit sowie das Jobcenter in Uelzen sind nach wie vor sehr gut erreichbar: montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr.

Foto 2 (Agentur für Arbeit): Kerstin Kuechler-Kakoschke, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lüneburg-Uelzen.