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„Wir müssen dafür sorgen, dass niemand allein bleibt“

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Von Michael Michalzik

Uelzen/Landkreis. Das Jahr 2020 wird als eines der ungewöhnlichsten und schwierigsten in die Geschichte des Landkreises Uelzen eingehen. Und noch kann von Entwarnung keine Rede sein. Im Interview mit den Uelzener Nachrichten spricht Landtagsabgeordneter Jörg Hillmer (CDU) über die Herausforderung, die Corona an uns stellt.

Herr Landtagsabgeordneter Hillmer, wie schätzen Sie die Auswirkungen des Corona-Jahres 2020 auf die Sozialgemeinschaft im Landkreis Uelzen ein? Solidarität oder Abgrenzung?

Jörg Hillmer: Die Pandemie hat deutlich gemacht: Niemand bleibt für sich. Es trifft immer die Gemeinschaft, der man sich nicht entziehen kann. Man braucht in dieser Situation die Rücksichtnahme der anderen, um seine Freiheit leben zu können. Ich stelle fest, dass wir durch die Krise und Reglementierungen paternalistischer, staatsgläubiger werden. Wir müssen in den kommenden Monaten und Jahren daran arbeiten, die Einvernahme seitens des Staates wieder ein Stück weit zurückzudrängen. Deutschland kommt in Europa vergleichsweise am besten durch die Pandemie. In Deutschland hat Niedersachsen derzeit die geringsten Ansteckungszahlen, und in Niedersachsen ist Uelzen momentan der Landkreis mit den geringsten Inzidenzen. Wir haben also offensichtlich sehr rücksichtsvolle und disziplinierte Menschen in unserem Landkreis. Das ist ein schönes gegenseitiges Geschenk.


Welches sind nun die größten Herausforderungen, sowohl sozialer als auch politischer Art, auf die der Landkreis reagieren muss?

Jörg Hillmer: Wir stehen im Landkreis Uelzen vor großen Herausforderungen. Das Thema Impfzentren hat in den kommenden Monaten absolute Priorität. Wir werden uns danach um vieles kümmern müssen, was liegengeblieben ist. Der Landkreis wird Monate brauchen, um die Rückstände abzubauen. Die Wirtschaft braucht Hilfe. Das gilt auch für Gastronomie und Kultur. Wir müssen helfen, aber das kann nicht nur Aufgabe der öffentlichen Hand sein. Der Großteil der Solidarität wird von privater Seite erbracht werden müssen: Jeder Einzelne von uns muss seinen Beitrag für Gastronomie und Tourismus leisten und entsprechende Dienstleistungen in Anspruch nehmen, sonst haben wir irgendwann gar keine Gaststätten für Feiern und Versammlungen mehr. Es muss bewusst mehr Nachfrage geben, um eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Hilfe brauchen auch die Bewohner in den Pflegeheimen, die teils unter Vereinsamung litten. Auf sie müssen wir zugehen.

Haben die Einschränkungen die politische Arbeit erschwert? Oder haben Ansätze wie Videokonferenzen möglicherweise sogar positive Auswirkungen auf die künftige Arbeit?

Jörg Hillmer: In der Tat ließen sich große Anreisetätigkeiten vermeiden. Es kann auch eine Videokonferenz sein, anstatt gleich nach Berlin zu reisen. Da haben wir etwas gelernt. Aber: Bei Gesprächen und Verhandlungen kommt es ganz viel auf Mimik und Gestik an. Das geht im Videokonferenz-Format nicht so gut. Am meisten aber vermisse ich das Gespräch mit den Bürgern, etwa beim Besuch von Veranstaltungen, aber auch beim Bummel durch Uelzen. Man kann sich so viel niederschwelliger begegnen und austauschen. Ich vermisse das derzeit außerordentlich.

Kann man einen vorsichtigen Ausblick auf das kommende Jahr werfen? Wird sich die Situation im Landkreis normalisieren?

Jörg Hillmer: Ich bin da sehr optimistisch. Das RKI hat entsprechende Vorschläge gemacht, bei den Impfungen wird mit bestimmten Risikogruppen begonnen. Es wird rasch ein Impfstoff auf den Markt kommen, und große Teile der Bevölkerung werden sich impfen lassen. Ich gehe davon aus, dass die Impfbereitschaft so groß ist, dass die Pandemiekette durchbrochen werden kann. Nach Einschätzung der Wissenschaft würde eine Impfbeteiligung von zwei Dritteln der Bevölkerung reichen. Wir werden das schnell zusammenbekommen, und das Leben wird sich schnell normalisieren – nach meiner Einschätzung im Frühjahr. Ich dränge darauf, dass die Beschränkungen dann rasch aufgehoben werden.

Herr Hillmer, wie werden Sie und Ihre Familie Weihnachten verbringen?

Jörg Hillmer: Wir werden sowohl Weihnachten als auch Silvester mit den Kindern verbringen – letzteres erstmals seit Jahren. Es gibt ja keine Partys. In diesen Zeiten wird es generell eine Rückbesinnung auf die Familie geben. Viele Familien werden wieder mehr zusammengeführt werden. Wichtig ist, dass auch die ältere Generation mitgenommen wird. Wir müssen dafür sorgen, dass jetzt niemand allein bleibt.