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Landkreis Uelzen

„Ein Abschuss ist keine Herdenschutzmaßnahme“

 |  Landkreis

Von Michael Michalzik

Uelzen/Landkreis. Der Wolfs-Abschuss von Ebstorf (UEN berichteten) schlägt hohe Wellen. Allein auf der Facebook-Seite der Uelzener Nachrichten hat die Information inzwischen mehr als 27.000 Menschen erreicht und wurde über 700 Mal kommentiert. Der Landkreis Uelzen hatte nach eigenem Bekunden eine Ausnahmegenehmigung zum Abschuss des Rüden GW1027m Uelzen erteilt und entsprechend einen Jäger bestimmt, der die Tötung vornehmen sollte. Zu der Ausnahmegenehmigung hatten, wie der Landkreis mitteilt, zahlreiche Risse verbunden mit der mehrfachen Überwindung von Herdenschutzmaßnahmen wie elektrifizierten Zäunen und auch Herdenschutzhunden geführt, die dem Rüden des Rudels mit der Kennung GW1027m zuzuordnen seien. Es sei ein Gesamtschaden von über 70.000 Euro entstanden.

Jetzt kontert der NABU Niedersachsen scharf und teilt auf Anfrage der Uelzener Nachrichten mit „Uns liegen keine Informationen über die Abschussgenehmigung vor, auch keine verlässlichen Daten, welche Herdenschutzmaßnahmen wirklich überwunden worden sein sollen. An dieser Stelle hapert es oft an der fachlich korrekten Dokumentation und Bewertung. Fakt ist, dass ein Abschuss keine Herdenschutzmaßnahme ist. Im Gegenteil kann dieser die Situation sogar verschlimmern, so dass vermehrt Nutztierrisse auftreten, was aus internationalen Studien bekannt ist“, erklärt Pressereferent Matthias Freter vom NABU Niedersachsen.

Grundsätzlich habe der Jäger das falsche Tier erwischt, so Freter: „Es ist eine Fähe geschossen worden, die Abschussgenehmigung galt für den Rüden GW1027m. Nach bisher unbestätigten Informationen könnte es sich sogar um einen Welpen aus dem Vorjahr handeln, circa zehn Monate alt.“ Das räumt auch der Landkreis Uelzen ein, der auf Anfrage der Uelzener Nachrichten mitteilt: Es handelt sich bei dem entnommenen Wolf um das falsche Individuum. Eine Wiederholung lässt sich am Ende nicht ausschließen.

Für den NABU ist bereits der Zeitraum falsch. Freter: „Im Januar/Februar ist die Ranzzeit von Wölfen, eine dann trächtige Fähe bringt Ende April/Anfang Mai Welpen zur Welt. Daher ist eine Abschussgenehmigung in diesem Zeitraum – ebenso wie während der Welpenaufzucht – tierschutzrechtlich und ethisch höchst problematisch.“ Der jetzt erfolgte Ebstorfer Abschuss sei Aktionismus, eine Nebelkerze, die die Handlungsfähigkeit zur vermeintlichen Lösung von Problemen suggeriere: „Das ist aber gefährlich, da es dazu führen könnte, dass Weidetierhaltungen es nicht mehr für nötig erachten, wirksamen Herdenschutz umzusetzen“, hält Freter fest.

Der NABU mahnt, dass sich die Situation nach einem Wolfs-Abschuss noch verschlimmern könne: „Es können danach vermehrt Nutztierrisse auftreten, das ist aus internationalen Studien bekannt.“

Mehrere Facebook-Nutzer haben auf der Seite der Uelzener Nachrichten die Befürchtung geäußert, dass nun immer weiter Tiere aus dem Rudel abgeschossen werden, bis irgendwann der gesuchte Rüde erwischt werde. Mit den Abschüssen soll es nun aber laut Kreisverwaltung bis auf weiteres vorbei sein: „Mit der ‚Entnahme‘ der Fähe ist der Vollzug der entsprechenden Ausnahmegenehmigung aktuell ausgesetzt. Die Abschussgenehmigung wird nur bei weiteren Rissen nach eingehender Prüfung wieder aktiviert“, so ein Sprecher gegenüber den Uelzener Nachrichten.

Für den NABU ist die Vorgehensweise in Niedersachsen grundsätzlich nicht nachvollziehbar. Freter: „Wir haben mehrfach die Rechtskonformität der Wolfsverordnung bezweifelt und haben daher Beschwerde bei der EU eingereicht.“

Symbolfoto: Adobe Stock