Morgens um acht im Homeoffice: Ich stehe in der Küche und haue mir unschuldig ein Spiegelei in die Pfanne. Wie bestellt kommt unser Großer (16) durch die Tür und nimmt eine ziemlich offensive Grundhaltung ein. Der eiskalte Blick blaugrauer Augen wandert zwischen Pfanne und mir hin und her. Uh, oh. Ich weiß, was jetzt kommt, und stähle mich innerlich. "Du weißt, dass das Mord ist, Papa." Jetzt cool bleiben: "Nein, das ist ein Spiegelei." Und schon bricht es über mich hinein. Ob ich denn wisse, was mit den männlichen Küken geschieht, wie viele Käfighühner derzeit immer noch in Niedersachsen gehalten werden, wieviele Rohstoffe dran glauben müssen, damit ein Spießer wie ich auch nur ein einziges Ei verzehren kann. Junge, Junge. Klar, dass der in der Schule die ganzen Rhetorik-Runden gewinnt. Auf meinen Einwand, dies sei eines der Super-Mega-Bio-Freiland-Bodenhaltungs-Eier, für die ich jede Woche gefühlt ein kleines Vermögen hinlege, kommt nur ein knappes "ok", bevor sich mein Sohn wortlos einen Kaffee nimmt und wieder geht. Social Distancing bekommt auf Dauer offenbar nicht jedem.
Ihr
Michael Michalzik
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