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Wolf wütet auf Gnadenhof bei Natendorf - Lamm Malte verhindert durch lautes Rufen Schlimmeres

  • Subtitle: Natendorf

Von Michael Michalzik

Natendorf. Samstag, 4 Uhr morgens: Sabine Bracker wird vom lauten „Mäh“ eines Schafs geweckt. Ganz sicher Lamm Malte - der Kleine verbringt seine erste Nacht im Freien auf dem Gelände des Vereins für misshandelte Tiere e.V.

Vorsitzende Bracker macht sich sofort auf, geht rasch über den Pfad zum Gehege, in dem die Schafe stehen - und trifft auf ein Schreckensszenario: Überall Blut, zwei tote Schafe, ein schwer verletztes Schaf: Ein Wolf ist auf das Gelände des Gnadenhofs eingedrungen und hat schrecklich gewütet. Plötzlich wird es am Zaun direkt neben Sabine Bracker laut: Der Wolf macht sich aus dem Staub, überwindet erneut den 1,70 Meter hohen Zaun.

„Der Held ist sicher unser Malte“, erklärt die Vorsitzende im Gespräch mit den Uelzener Nachrichten. Denn die älteren Schafe verhielten sich ebenso mucksmäuschenstill wie die Esel und die Maultierstute, die ganz in der Nähe stehen. Das Lamm jedoch schlug Alarm und bewahrte die anderen Tiere somit vermutlich vor einem grausamen Schicksal.

Doch der Schock sitzt einen Tag später tief. Der Wolf hat die Schafe in eine Ecke gedrängt und sie dann nacheinander angegriffen. Alles Kehlbisse. Das überlebende Tier ist so schwer verletzt, dass noch offen ist, ob es durchkommt. Der Tod der beiden anderen Schafe hat die Vereinsvorsitzende schwer getroffen - die Elterntiere stammten aus einer Beschlagnahmung, die zwei Lämmer hatte Sabine Bracker mit der Flasche großgezogen: „Wir sind eine kleine Schutzinsel für geschundene Tiere. Und dann passiert so etwas.“ Bracker hat die Nacht nach dem Angriff auf einem Sitz im Bürowohnwagen verbracht. Denn die Angst, dass der Wolf wiederkommt, ist groß.

Dass es sich bei dem Angreifer um einen Wolf handelt, steht trotz noch ausstehender DNA-Analyse fest: „Das war definitiv ein Wolfsriss“, erklärt die hinzugezogene Wolfsberaterin Katja Hildebrandt-Mertins.

Der Wolf musste zunächst durch eine hohe Hecke. Den hohen Schutzzaun dahinter hat er offenbar überwunden, indem er geklettert ist. Erste Berichte über solche Verhaltensmuster wurden im Landkreis bereits intensiv diskutiert. Hier lassen die Spuren keine andere Deutung zu - der Wolf wusste genau, wie er an seine Beute gelangt. 

Sabine Bracker berichtet: „Ich bin dann morgens los und habe im Raiffeisen Regale mit Material abgeräumt.“ Denn schnelles Handeln war angesagt: „Wir haben den ganzen Tag gearbeitet.“ Ein kleines Team machte sich bis zur Erschöpfung daran, den bereits 1,70 Meter hohen Zaun nochmals zu erhöhen - mit einem stromführenden Aufsatz. Litzen, Kabel, Isolatoren, Weidezaungerät: Das alles kostet den kleinen Verein viel Geld. Hinzu kommen die Kosten für den Notfall-Einsatz des Tierarztes für das schwer verletzte Schaf.

Sabine Bracker redet Klartext: „Wenn die Naturschutzverbände und die Landesregierung den Wolf hier haben wollen, dann muss es eine Regulierung geben. Warum darf ein Tier alles, andere hingegen nicht?“ Der derzeitige finanzielle Schadensausgleich sei ein Witz. Dieser Wolf werde wiederkommen, deswegen sei der zusätzliche Schutz absolut erforderlich. Der Ausgleich müsse vollständig vom Land kommen: „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen.“

Foto (privat): Die Rufe von Schaf Malte haben vermutlich Schlimmeres verhindert: Das Lamm verbrachte seine erste Nacht im Freien, als der Wolf kam.