Uelzen im Angesicht des Hamburger Speckgürtels
- Subtitle: Uelzen
Von Michael Michalzik
Uelzen. Wohnen und leben in Uelzen: Wie gestaltet sich die langfristige Planung für die Wohnbebauung der Kernstadt und der Ortsteile? Eine Frage, die die UWG-Fraktion umtreibt, und die am Donnerstag in der Sitzung des Ausschusses für Zukunftsplanung eingehend diskutiert wurde – sowohl von Teilnehmern vor Ort im Ratssaal als auch von weiteren Mitgliedern sowie Bürgern online.
Für die Verwaltung nahm Michael Kopske, zuständig für Planung, Bauaufsicht und Liegenschaften, Stellung. Er verwies auf den bestehenden Flächennutzungsplan als ein seit vielen Jahren bestehendes Planungsinstrument, auf welchem das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) aufbaue: „Wir berechnen wir nicht nur die Kosten für die Erschließung, sondern auch die Folgekosten, die wir gegen die Einnahmen abwägen, die Neubürger in die Stadt bringen. Die Folgekosten werden andernorts gern vergessen.“ Dabei müsse immer die Wirtschaftlichkeit gegeben sein: Bei der ideal gelegenen Fläche zwischen der Kernstadt und Hambrock beispielsweise, deren Entwicklungsplanung die UWG angeregt hatte, sei diese Wirtschaftlichkeit angesichts der Preisvorstellungen der Eigentümer und der Erschließungskosten derzeit nicht gegeben.
Allerdings, so Kopske, seien seit 2018 im Stadtgebiet 520 Wohneinheiten geplant oder realisiert worden. Dabei sei, unter anderem im Sternviertel, ein massiver Generationswechsel erkennbar: Viele Hausbesitzer wollten sich aus Altersgründen verkleinern und fortan barrierefrei wohnen. Die Einfamilienhäuser würden dann wieder für junge Familien frei. Somit sei auch der Flächenverbrauch im Vergleich zu einem herkömmlichen Wohnbaugebiet massiv reduziert. Dennoch seien neue Baugebiete auch weiter notwendig.
Herwig Maaß (UWG): „Wir haben den Antrag gestellt, um Uelzen nach vorn zu bringen. Es geht darum, schnell etwas anzubieten. Wenn wir auf ISEK warten, vergeben wir Chancen. Es geht auch um Fachkräftebindung. In den vergangenen zehn Jahren wurde fast immer gelost, wenn es um Grundstücke ging. Und die Nachbargemeinden boomen. In Ebstorf entstehen 40 bis 50 Wohneinheiten pro Jahr.“ Die Nachnutzung von Wohneinheiten sei eine selbstverständliche Daueraufgabe. Und eine innerstädtische Verdichtung habe Grenzen, wenn soziale Konfliktherde entstünden.
Wilfried Teichmann (SPD): „Ich warne davor, in der Innenstadt massiv Baugebiete auszuwerfen. Im Trend liegen ländliche Bereiche. Nicht jeder will in der Stadt wohnen. Außerdem fangen einige Ortsteile an, auszusterben.“ Für Uwe Holst (ebenfalls SPD) enthielt der UWG-Antrag nicht viel Neues. Jetzt Pläne aufzustellen, sei für den Moment interessant, führe aber nicht weiter, wenn die Flächen nicht zur Verfügung stünden – oder nur zu horrenden Preisen: „Oder wollen wir das?“
Für Karl-Heinz Günther (CDU) beinhaltet der UWG-Antrag „viel Positives“, damit nicht wieder Dinge fünf oder sechs Jahre liegenblieben. Silja Eichmann-Bartels mutmaßte, dass im Gremium so manch einer sein eigenes „Ortsteil-Süppchen“ koche. Wohnen in der Innenstadt sei sehr wichtig, aber Uelzen habe in der Kernstadt nichts anzubieten. Für manchen Hamburger seien die Uelzener Preise womöglich spottbillig. Susanne Niebuhr (WIR für Uelzen) hielt fest: „Es ziehen wieder Leute in die Uelzener Innenstadt.“ Eine Verdichtung der Wohnbebauung sei sehr wichtig, neue Bürger seien ein Gewinn. Michael Kopske erläuterte: „Sieben Prozent des aktuellen Wohnraumbestands wurden in den vergangenen 25 Jahren geschaffen.“
„Der Hamburger Speckgürtel reicht inzwischen bis Bad Bevensen. Wir müssen es einfach attraktiv machen, hier zu wohnen“, befand beratendes Ausschussmitglied Rainer Schimmel. Klaus Knust (SPD) warnte davor, die Kleingartenanlagen im Stadtgebiet für Wohnbebauung vorzusehen: „Es sind grüne Lungen. Außerdem haben sie eine enorme Bedeutung in Corona-Zeiten erfahren.“ Silja Eichmann-Bartels hat nach eigenem Bekunden andere Beobachtungen gemacht: „Wir wohnen neben einer Kleingartenanlage. Die scheint aber zur Hälfte leer zu stehen.“
Der Ausschuss empfahl, das Thema zur weiteren Beratung zurück in die Fraktionen zu geben.
Screenshot (Michalzik): Ausschussitzung in Corona-Zeiten: Die Verwaltung kann Informationen wie diese Grafik für die Online-Teilnehmer einblenden. Rechts ist Ausschuss-Vorsitzender Henning Tiedge per Video aufgeschaltet.
Als Bürgeranfrage wollte Teilnehmer Florian Monsees außerdem von der Verwaltung wissen, warum nicht beispielsweise die ideal liegende Fläche zwischen Groß Liedern und Oldenstadt zum Baugebiet wird.
Vorsitztender Henning Tiedge