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"Es sind immer auch Menschen betroffen": Ministerpräsident Stephan Weil diskutiert in Eimke zum Thema Wolf

  • Subtitle: Eimke

Von Michael Michalzik

Eimke. Am Ende hielt Ministerpräsident Stephan Weil fest: „Mit Ihnen kann man hervorragend diskutieren, es hat Spaß gemacht.“ Denn zuvor war es anderthalb Stunden lang in der „Kulisse“ in Eimke um ein Thema gegangen, „bei dem der Puls sofort hochgeht“, wie der Landesvater festhielt: den Wolf.

„Ausrotten“ oder stumpf „abballern“, das machte Weil von Anfang an bei der von der SPD Uelzen/Lüchow-Dannenberg organisierten Veranstaltung „Auf ein Wort“ deutlich, sind seine Themen nicht. Der Wolf sei ein Wildtier, das unter besonderem Schutz stehe. Aber: Das über allen anderen Naturschutzgesetzen in den europäischen Ländern stehende EU-Recht ist nach Weils Meinung nicht ausgewogen und differenziert genug: „Da gilt das gleiche Recht für alle, auch wenn es Unterschiede gibt.“ So werde derzeit auch innerhalb Deutschlands beispielsweise zwischen Niedersachsen und dem Ruhrgebiet, in dem es praktisch keine Wölfe gebe, vom Gesetz her nicht unterschieden.

Ministerpräsident Weil, der gemeinsam mit dem Uelzener SPD-Unterbezirksvorsitzenden Jan Henner Putzier auf der Bühne stand : „In Brüssel sieht es aber derzeit so aus, dass erste Lockerungsübungen gemacht werden. Die Tür geht ein klein wenig auf, und ich will dafür sorgen, dass wir durch diese Tür gehen können.“ Denn für den Landesvater steht fest: Betroffen sind bei Rissen durch Wölfe immer auch Menschen, zum Teil gehe es existenzmäßig „ans Eingemachte“. Schafzucht habe in Niedersachsen immer schon große Bedeutung gehabt, zum Schutz der Deiche ebenso wie zur Pflege der Heide: „Es kann nicht immer nur um Artenschutz gehen, die andere Seite ist auch wichtig.“ Wölfe seien intelligente Tiere, die ihr Verhalten anpassten. Deswegen steht für die Ministerpräsidenten fest, dass in Ausnahmefällen einzelne Wölfe getötet werden sollen, damit das Rudel von Übergriffen auf Schafsherden ablässt. Im Moment sei eine Abschussgenehmigung mit einem so großen Aufwand verbunden, dass sie sich rechtlich fast nicht durchsetzen lasse.

Gerd Jahnke aus Eimke berichtete, was Wolfsrisse für einen Schäfer bedeuten: Es seien nicht nur die Anblicke der toten und schwer verletzten Tiere, die eine hohe emotionale Belastung bedeuteten: „Wenn man eine Herde von, sagen wir, 500 Tieren hat, bedeutet das auch, dass man sich nach einer Wolfs-Attacke jedes einzelne Tier ansehen muss, damit eventuelle Verletzungen behandelt werden, bevor sie sich entzünden.“ Ein extrem zeitaufwändiger Vorgang: „Dazu kommen noch die Nächte, die man nach einem solchen Angriff draußen im Wohnwagen verbringt, um nach seiner Herde zu sehen, bevor wieder etwas passiert. Die Frage: Wie sieht es morgen wieder auf der Weide aus? Wir kommen an unsere Grenzen.“ Jahnke wischte den jagdlich-verblümten Begriff „Entnahme“ als Synonym für „Tötung“ pragmatisch beiseite: „Ich sage erschießen. Wir kommen nicht umhin, einige Wölfe zu erschießen.“

Weniger Freunde machte sich Wolfsberater Seeben Arjes im voll besetzten Saal der „Kulisse“. Der frühere Forstoberamtsrat und ausgewiesene Fachmann unter anderem in Sachen jagdliche Ausbildung verstieg sich bei seinem Impuls dazu, Angriffe von Wölfen mit der „Schlachthaus-Mentalität“ von gewerblichen Schafzüchtern zu vergleichen. Mit der Hobby-Jägerei ging Arjes ebenso hart ins Gericht: „Früher erzählten wir, wir müssten das Schalenwild kurz halten, weil es keine Wölfe und Luchse mehr gab. Dann waren sie wieder da, und diese ‚Mitesser‘ begannen, unser schönes Hobby zu bedrohen.“

Nach anderthalb Stunden und der Beantwortung etlicher Fragen, die, wie vorher festgelegt, auf Bierdeckeln nach vorn gereicht wurden, machte sich Ministerpräsident Weil wieder auf den Weg nach Hannover. Nicht, ohne zuvor mehrfach seine eigene Mailadresse zum direkten Kontakt angeboten zu haben: „Warum es unter diesen Umständen zu einem Riss in ihrer Herde kommen konnte – das würde mich auch interessieren. Das lasse ich klären“, entgegnete der Landesvater beispielsweise einer betroffenen Schafhalterin.

Foto: Michalzik