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Blaulicht

Cold Case: Wer war der Mörder von Hannelore B.?

 |  Blaulicht

Von Michael Michalzik

Uelzen. Hannelore B. wurde nur 18 Jahre alt. Die letzten Stunden ihres kurzen Lebens müssen grauenvoll gewesen sein. Es ist Anfang Oktober 1968. Die junge Frau bewohnt eine eigene Wohnung in der Groß Liederner Straße in Uelzen. Den Abend des 7. Oktober verbringt sie in ihren eigenen vier Wänden zunächst mit Freunden. Später dann, in der Zeit nach 23 Uhr, ist sie es vermutlich selbst, die ihren Mörder zur Tür hereinlässt. Der Täter, von der Polizei später als „abartig“ beschrieben, zeigt keine Gnade. Er fesselt Hannelore B. auf ihrem Bett und vergewaltigt sie. Dann tötet er sein wehrloses Opfer – die 18-Jährige wird mit einem ihrer Nylonstrümpfe erdrosselt. Bizarr: Der Täter bemalt den Leichnam der jungen Frau mit wirren Symbolen, vermutlich mit einem Kosmetik-Stift. Hannelore B.s Mörder entkommt unerkannt.

Als die Leiche der 18-jährigen am nächsten Morgen gefunden wird, steht Uelzen bald unter Schock: Die grauenhafte Tat an der beliebten jungen Frau mitten im Herzen der Stadt hinterlässt Spuren in der Gemeinschaft. Dutzende junger Erwachsener und Jugendlicher nehmen an der Beerdigung teil.

50 Jahre vergehen, bis 2018 feststeht, dass der Adendorfer Kurt-Werner Wichmann vermutlich für eine ganze Reihe brutaler Verbrechen verantwortlich ist. In der Garage seines Hauses wurde 2017 die Leiche von Birgit Meier gefunden. Erschossen, eingemauert in einer Montage-Grube, gefunden vom Bruder des Opfers, dem pensionierten früheren Leiter des Landeskriminalamts Hamburg, Wolfgang Sielaff, und einer Gruppe von Experten, die ihm hilft. Wichmann selbst hatte sich 1993 in Untersuchungshaft das Leben genommen. Ermittler nehmen die alten Akten wieder in die Hand. Dabei kommt heraus: Der Friedhofsgärtner hatte 1965 eine Radfahrerin überfallen und sexuell belästigt, 1970 kam er wegen Vergewaltigung ins Gefängnis. Schon als Kind soll er Klassenkameraden zufolge Tiere gequält und getötet haben. Und: Im Zusammenhang mit den Göhrde-Morden 1989 wird er ebenfalls in Verbindung gebracht. In einem der Autos der getöteten beiden Paare wird später Wichmanns DNA festgestellt.

Gerüchte kochen hoch: Sollte Wichmann möglicherweise auch die Uelzenerin Hannelore B. auf dem Gewissen haben? Zeitraum und Ort nähren den Verdacht. Aber, so Polizeisprecher Kai Richter im Gespräch mit den Uelzener Nachrichten: „Das stimmt nicht. Die Kollegen haben 1968 einen Tatverdächtigen ermittelt. Dabei handelte es sich aber nicht um Wichmann. Es kam damals zwar nicht zu einer Anklage, aber Wichmann war im Fall Hannelore B. nicht der Täter.“ Hannelore B.s Mörder blieb also auf freiem Fuß – genauso wie ein mutmaßlicher Komplize Wichmanns, den die Polizei seit Jahren im Verdacht hat, der sich aber nicht äußern will. Die Arbeit der polizeilichen Ermittlungsgruppe „Göhrde“ geht weiter.

Foto: Michalzik