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Tourismus

„Wir müssen über die Kreisgrenzen hinweg denken“

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Uelzen/Landkreis. Einer jüngst vorgestellten Studie zur Folge hat der Landkreis Uelzen deutlichen Nachholbedarf in Sachen Touristik, da die umliegenden Landkreise uns vor der Corona-Krise in Sachen Übernachtungen links und rechts überholt haben. Die Studie empfiehlt vor allem, in den Bereichen Aktivitäts-Urlaub und Radtouristik zuzulegen. Dies sind Themen, mit denen sich UWG-Kreistagsabgeordneter Andreas Dobslaw seit Jahren beschäftigt. Im Interview mit den Uelzener Nachrichten spricht Dobslaw über die anstehenden Herausforderungen, aber auch über die Möglichkeiten, wieder mehr Gäste in den Landkreis Uelzen zu holen.

Herr Dobslaw, was muss getan werden, damit der Landkreis Uelzen sich touristisch weiter entwickeln kann?

Andreas Dobslaw: Zunächst einmal bedarf es einer breiten Zustimmung zum Ausbau des Tourismus und der Bereitschaft, hier auch zu investieren – sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft! Weiterhin ist eine bessere Abstimmung partei- und gemeindeübergreifend notwendig. Wenn ich mir überlege, dass die Ergebnisse der von mir über Jahre vorangetriebenen Radwegebedarfsanalyse erst jetzt, nach vielen Jahren der Diskussionen und Abstimmungen, in die Realisierung kommen, dann ist das schon ein Fingerzeig in die Richtung der offenen Bedarfe. Betrachtet man dann noch, dass die Hansestadt Uelzen in dieses Konzept bisher nicht integriert wurde, weil dort damals kein Interesse bestand, dann wird vieles noch deutlicher.

Der Studie nach ist der Radtourismus ein wesentlicher Faktor für die Region. Daher müssen wir schnellstmöglich die bestehenden Radwegnetze weiter ausbauen, aber auch instandhalten und, ganz wichtig, die regionalen Netze auch vernetzen. Wir müssen die Netze zunächst alltagstauglich ausbauen, dann wird auch der Tourismus davon profitieren. Damit betreiben wir dann auch Klimaschutz in Reinkultur!

Wo muss noch nachgebessert werden? Wurde bislang beispielsweise bei der Vergabe Kirchturmpolitik in Sachen Radwegebau betrieben?

Andreas Dobslaw: Der Landkreis hat die ersten Projekte jetzt in der Planung und hat, der Verwaltung sei Dank, die vergangenen Jahre zur Sanierung des Bestandsnetzes genutzt.

Die Integration der Hansestadt Uelzen wäre eines der zentralen Elemente. Darauf haben wir im Kreistag aber wenig Einfluss und müssen hier nach der Kommunalwahl auf der politischen Ebene agieren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die in geringem Umfang aufgrund falscher Informationen getroffenen Entscheidungen des Fachbüros im Rahmen der Empfehlungen korrigiert werden. Die Fehler sind bereits erkannt, und ich bin zuversichtlich, dass die Korrektur gelingt, ohne das große Ganze in Frage zu stellen. So fehlt beispielsweise eine direkte Verbindung von Bad Bodenteich über das Suderburger Land in das Netz des Klosterfleckens Ebstorf.

Was nicht passieren darf, ist ein Rückfall in die Kirchturmpolitik, wo Radwege nur nach örtlichen Interessenlagen gebaut werden. Wer es mit dem Tourismus im Landkreis Uelzen ernst meint, der muss bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen und im Interesse der Region einen ganzheitlichen effizienten Ansatz verfolgen und realisieren. Sonst scheitert das Projekt insgesamt.

Und letztlich müssen wir auch über Landkreisgrenzen hinweg denken. So habe ich ja bereits 2018 angeregt, einen Radweg auf dem Damm des Elbeseitenkanals von Uelzen nach Bad Bevensen zu bauen. Das macht sowohl touristisch als auch ökologisch Sinn. In ersten Besprechungen wurde die Idee entwickelt, das Projekt bis Lüneburg auszuweiten. Leider kam das Projekt mit der Pandemie ins Stocken. Ich denke, im Frühjahr 2022 könnte es nun weitergehen. Bei mir steht dieses Projekt ganz oben auf der Agenda für die nächste Wahlperiode, denn es macht sowohl touristisch als auch im Alltag Sinn, hier eine gut ausgebaute Radschnellroute zu haben. Optimal wäre sie nach meiner Einschätzung aber von Bad Bodenteich bis Lüneburg.

Für das Gelände des früheren Jugendzeltlagerplatzes in Wieren ist der politische Weg für ein ökologisches Feriendorf freigemacht worden. Ist diese Art von Urlaub ein Trend, oder verbirgt sich dahinter eine echte touristische Chance für den Landkreis?

Andreas Dobslaw: Der Weg ist leider noch nicht frei! Hier bedarf es noch einer Absichtserklärung der politischen Gremien vor Ort, die baurechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Bisher scheitert dieses notwendige Projekt leider am Baurecht.

Ein Bedarf an geeigneten Übernachtungsmöglichkeiten besteht bekanntermaßen im Landkreis Uelzen seit langem. Daher wäre ein ökologisches Feriendorf ein echtes Highlight für den Südostkreis und ein erster wichtiger Schritt. Egal, ob es in Wieren oder auch im Bereich Wrestedt liegt. Die Schleuse Esterholz ist nah, der 2020 eröffnete Hanse-/Wendlandradweg führt quasi daran vorbei, die Wege in die Hansestadt und nach Bad Bodenteich sind kurz, und auch das Handwerksmuseum in Suhlendorf oder das Museumsdorf Hösseringen sind gut erreichbar. Und genau an diesem Punkt bekommt die von mir eben genannte Vernetzung der regionalen Radwegenetze eine wesentliche Bedeutung.

Sinnvoll wäre es aber auch, ein weiteres Feriendorf im Nordkreis aufzubauen. Dann hätten wir eine perfekte Infrastruktur für den Radtourismus. Und letztlich profitieren davon auch die hier vor Ort tätigen Landwirte und Gewerbetreibenden. Das wäre eine echte Chance für den Landkreis Uelzen, in dem sich ja Wirtschaft und Politik gerade auch ökologisch zukunftsweisend ausrichten.

Die Hersteller von Wohnmobilen und Wohnanhängern kommen derzeit mit dem Fahrzeugbau kaum hinterher, weil die Nachfrage seit Jahren steigt und durch die Pandemie noch zugelegt hat. Sollte der Landkreis Uelzen auf diesen Zug mit aufspringen?

Andreas Dobslaw: Unbedingt! Gute Wohnmobilstellplätze sind flächendeckend Mangelware, und der Trend zum Wohnmobiltourismus beginnt gerade. Aber hier sind vor allem die Gemeinden gefragt. Der Landkreis selbst kann hier nur unterstützen, denn viel hängt am Baurecht – und das ist Sache der Gemeinden.

Für mich ist es zum Beispiel völlig unverständlich, dass es an der Esterholzer Schleuse zwar einen Wohnmobilstellplatz gibt, man aber ein Minimum an Ausstattung, trotz politischer Initiativen, seit Jahren vermisst. Die Schleuse ist doch mit eines der touristischen Highlights der Region. Hier wird deutlich, dass in Sachen eines kreisweiten Konzeptes und der Abstimmung über Gemeindegrenzen hinweg noch viel Luft nach oben ist. Der Kreispolitik kommt dabei vor allem eine Ideen- und Motivierungsrolle zu. Genau die gilt es zu nutzen, wenn man es ernst meint mit dem Ausbau des Tourismus. Dazu gehört aber auch, dass die in der Heideregion vertretenen politischen Vertreter künftig auch mit Vertretern aus der touristischen Wirtschaft ergänzt werden. Die Praxis muss mit an den Tisch!

Welches sind Ihrer Meinung nach die stärksten touristischen Pfunde, mit denen der Landkreis Uelzen wuchern kann? Und was fehlt?

Andreas Dobslaw: Hier ist als erstes der Hundertwasserbahnhof zu nennen. Ein weltweit(!) einmaliges Objekt. Hinzu kommt das Angebot der Therme in Bad Bevensen. Und wer die Prospekte der Heideregion liest, kommt natürlich zwangsläufig auch zur Schleuse nach Esterholz. Die Heidelandschaft in der Mitte zwischen den Großstädten Hamburg, Hannover und Braunschweig ist im Übrigen ein sehr attraktives Angebot, weil man diese Ziele sehr gut und schnell erreichen kann. Und vor Ort wird das Angebot dann durch die beiden Museen in Suhlendorf und Hösseringen, den Hardausee mit dem einzigen Aussichtsturm im Landkreis, die Burg Bad Bodenteich sowie das Kloster Ebstorf mit der Weltkarte mit den Veranstaltungen abgerundet. Darüber hinaus finden Touristen hier Ruhe und Erholung zur Entschleunigung.

Aber dafür müssen wir hier vor Ort eben mehr machen! Ich denke, ich habe verdeutlicht, dass wir ein ganzheitliches Konzept über die Grenzen von Gemeinden hinweg mit der Tourismuswirtschaft benötigen. Wir müssen bereit sein, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, und wir müssen Ideen, die es durchaus von vielen Menschen aus der Region gibt, viel stärker fördern!

Politik wird hier eine Schlüsselrolle zukommen, nicht nur was die Finanzen angeht, sondern auch die Projektförderung mit Ideen und Networking, wie man im Neudeutschen so schön sagt. Denn die notwendigen finanziellen Mittel gibt es vor allem in Hannover, Berlin und Brüssel! Wir müssen sie nur mit Projekten abrufen! Zum Ganzen gehören auch ökologische Projekte und Maßnahmen. Auch hier schaut der Tourist inzwischen sehr genau hin!

Und noch etwas ist wichtig: Wir betreiben mit der Heideregion eine Institution, die wir ausbauen und fördern müssen – und zwar wir alle. Professionelle Unterstützung und Beratung sind gerade für die politischen Entscheidungsträger wichtig. Alles in allem bin ich zuversichtlich, dass wir ab 2022 zumindest in der Kreispolitik einen Schritt nach vorn machen werden. Wenn dann die Gemeinden, aber auch private Interessenten, mit auf den Zug aufspringen, dann können wir hier wirklich etwas erreichen. Der Landkreis Uelzen ist lebenswert und attraktiv. Und genau das gilt es nun zu kommunizieren, denn nur ein gerader Weg führt auch zum Ziel

Foto (privat): UWG-Kreistagsabgeordneter Andreas Dobslaw fordert eine viel stärkere Förderung touristischer Ideen sowie eine Vernetzung über die Kreisgrenzen hinaus.