Widerstand gegen möglichen Abriss des Ebstorfer Rathauses: „Missachtung seitens der Samtgemeinde“
- Subtitle: Bevensen-Ebstorf
Von Michael Michalzik
Bevensen/Ebstorf. „Anbau Rathaus Bad Bevensen“ war der Tagesordnungspunkt 9 in der gestrigen Sitzung des Samtgemeindeausschusses der Samtgemeinde Bevensen-Ebstorf knapp betitelt. Doch das Thema hat es in sich, Widerstand formiert sich auf breiter Front. Unmittelbar nach der Sitzung brachten die CDU/FDP-Gruppe sowie die SPD-Fraktion zu später Stunde einen gemeinsamen Antrag mit dem Titel „Antrag zur Durchführung der Erneuerung der elektrischen Anlage im Rathaus Ebstorf“ auf den Weg. Was nichts anderes heißt als: Der von der Samtgemeindeverwaltung vorgesehene Anbau ans Bevenser Rathaus sowie der Umzug von 20 Verwaltungsmitarbeiterin aus Ebstorf in die Kurstadt wird von den Antragstellern abgelehnt, das Ebstorfer Rathaus soll erhalten bleiben.
Die ursprüngliche Planung, so Samtgemeindebürgermeister Martin Feller Anfang des Jahres im Gespräch mit den Uelzener Nachrichten, sah einen Anbau des Rathauses in Bad Bevensen für 2,3 Millionen Euro sowie den Neubau eines Bürgerbüros für Ebstorf vor. Doch jetzt weht Gegenwind. Im Antrag heißt es: „Folgerung der Erneuerung (der elektrischen Anlage) ist die Einsparung der angedachten Erweiterung des Rathauses in Bad Bevensen und die überschaubare finanzielle Belastung seitens unserer Samtgemeinde“.
Hans Peter Hauschild, SPD-Fraktionsvorsitzender, erläutert gegenüber den Uelzener Nachrichten: „Erst hatte die neue Samtgemeinde nach 2011 lange Jahre gar keine Reparaturen vorgenommen, auch um in den Zeiten der Sparsamkeit keine Kosten zu produzieren, dann stellte man einen gewissen Reparaturstau fest. Die Untersuchungen von Elektrik, Heizung, Isolierung und Gesamtzustand führten dann letztlich 2019 zur Ermittlung eines Gesamtsanierungsbedarfs von 3,4 Millionen Euro. Diese Summe rief bei Kennern des Rathauses Ebstorf sofort Zweifel hervor, besonders auch, weil die Samtgemeinde damit den Plan verknüpfte, die Mitarbeiter des Fachbereiches 2 Finanzen, bisher in Ebstorf untergebracht, abzuziehen und künftig in Bad Bevensen unterzubringen. Dabei sprach die Samtgemeindeverwaltung anfangs davon, dass der Umzug der Mitarbeiter für überschaubare Kosten im Bestand möglich sein werde.“ Hausschild betont: „Unter dieser Informationsvoraussetzung fasste der Samtgemeinderat im Mai 2019 den Beschluss, das Rathaus in Ebstorf nicht zu sanieren, sondern die Mitarbeiter für überschaubare Umbaukosten im Rathaus in Bad Bevensen unterzubringen.“ Bald habe sich aber bald herausgestellt, dass diese Lösung nicht umsetzbar war: „Ein Anbau in Bad Bevensen kam ins Gespräch, bei Aufgabe des Rathauses in Ebstorf, dann auch ein Neubau in Ebstorf, dazu müssten auch noch das Archiv, die Bücherei und die Fleckenverwaltung in Ebstorf neu untergebracht werden.“
Bernd Peter, Vorsitzender des FDP-Ortsverbands Bevensen-Ebstorf, Bienenbüttel, hält fest: „Die Samtgemeinde Bevensen-Ebstorf zählt flächenmäßig zu den größten Samtgemeinden in Niedersachsen. Insofern erscheint es uns Liberalen sinnvoll, den hier ländlich lebenden Bürgern weiterhin jeweils eine Verwaltungsstelle in Ebstorf und Bad Bevensen anzubieten. Auch sollte jetzt bei der Suche nach einer Lösung für ein Bürgerbüro in Ebstorf darauf geachtet werden, den Einwohnern im Bereich des Alten Amtes Ebstorf einen umfangreichen Service anzubieten. Denn für uns ist die Verwaltung ein Dienstleister für die Bürger und muss im Bedarfsfall ohne Probleme persönlich erreichbar sein“, so der FDP-Ortsvorsitzende
Auch der FDP-Ortsverband kritisiert die von Samtgemeindebürgermeister Feller vorgestellten Pläne für den Rathausanbau in Bad Bevensen: „Wenn jetzt Baukosten von bis zu 2,7 Millionen Euro veranschlagt werden, ist davon auszugehen, dass in der Gesamtabrechnung dann über 3 Millionen Euro stehen. Als Beispiel sei aus jüngster Zeit an den überteuerten Ratssaal erinnert. In einen Sitzungsraum wurden 750.000 euro investiert. Wir Liberale stehen für Bürokratieabbau, eine schlanke Verwaltung und eine solide Haushaltsführung. Deshalb kann die FDP die Baukosten in dieser Höhe für eine Vergrößerung der Verwaltung nicht gutheißen. Nicht nur der Platzbedarf muss zukunftsorientiert überdacht werden, und zwar im Sinne einer bürgernahen und schlanken Verwaltung, sondern auch die Bereiche Homeoffice und Archivierung. Ebenso muss in Bezug auf die Digitalisierung berücksichtigt werden, dass womöglich weniger Personal nötig ist, wenn Bürger ihre Anliegen online erledigen.“
Hans Peter Hauschild erinnert: „Statt die 3,4 Millionen Euro Sanierungskosten in Ebstorf auszugeben, hörte man nun von der Samtgemeindeverwaltung wiederholt den hässlichen Plan vom Abriss des Ebstorfer Rathauses. Die Kosten der angedachten Neubauten bewegten sich bei 2,5 Millionen Euro in Bad Bevensen, ebenso mindestens 2 Millionen in Ebstorf und vielen Hunderttausend im Bestand Bad Bevensen, dazu der verlorene Restwert des Ebstorfer Rathauses von 650.000 Euro plus Abriss – insgesamt kommen wir so auf mindestens 6 Millionen Euro, Umsetzung mindestens 2 Jahre, bei den derzeit rasant steigenden Baukosten durchaus auch 20 Prozent mehr.“
Die derzeit betriebene Planung, kritisieren die Antragsteller, in der Samtgemeindeverwaltung beziehe sich vorrangig auf einen Anbau in Bad Bevensen, die Planung für Ebstorf gehe nicht voran, obwohl der Rat im Haushalt 2021 beide Planungen beschlossen und mit jeweils 50.000 Euro Planungskosten hinterlegt habe: „Es entsteht der unbedingte Eindruck, in der Verwaltung wird der Umzug nach Bad Bevensen forciert, koste es was es wolle. Unter dem wachsenden, von der Verwaltung aufgebauten Zeitdruck wie der gestrigen Sondersitzung des Samtgemeindeausschusses ist in der Gruppe CDU/FDP und in der SPD-Fraktion die Gesamtthematik noch einmal ausführlich diskutiert worden. Dabei spielt auch die Befindlichkeit der Bevölkerung der alten Samtgemeinde Altes Amt Ebstorf eine wesentliche Rolle: Der Wegzug der Verwaltung nach Bad Bevensen, der mögliche Abriss des Ebstorfer Rathauses, die Präsenz der Samtgemeinde im Klosterflecken reduziert auf eine Person in einem Bürgerbüro dienen in den Augen der Menschen als Beleg für Vernachlässigung und Missachtung durch die neue Samtgemeinde. Die Begründung mit den Kosten einer Sanierung werden nur als Vorwand gesehen, Ebstorf und Umgebung zu marginalisieren.“
Deswegen wird gefordert, sofort mit der Reparatur der Elektrik in Rathaus Ebstorf zu beginnen, um dort die technische Sicherheit wieder herzustellen. Anfang Mai hab es dort einen Störfall gegeben: „Diese Reparatur ist als erster Schritt zur Gesamtsanierung des Ebstorfer Rathauses zu sehen. Ob dabei wirklich der ermittelte Betrag von 3,4 Millionen verbraucht werden muss, wird erneut zu überprüfen sein. Nach unserer gemeinsamen Ansicht ist die Reparatur des Ebstorfer Rathauses kostengünstiger und sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer und menschlicher Sicht sinnvoller als der Neubau von zwei Gebäuden. Die personelle Zusammenlegung aller Rathausmitarbeiter in einem Gebäude in Bad Bevensen möge zwar von der Verwaltungsleitung gewünscht werden, ist aber nach der reibungslos funktionierenden Zusammenarbeit der vergangenen zehn Jahre in zwei Rathäusern und der Einbeziehung eines erheblichen Anteils von Homeoffice in den jüngst vergangenen Pandemiezeiten keineswegs nötig oder dringend erforderlich.“ Auch die geplante, angedachte und vielbeschworene Digitalisierung sei gerade darauf ausgelegt, die räumliche Zusammenführung von Mitarbeitern immer unnötiger zu machen: „Alles zusammen betrachtet brauchen wir die Reparatur in Ebstorf, eine abgestimmte maßvolle Einbeziehung von Homeoffice und die zügige Umsetzung von Digitalisierung, aber keine teuren und zeitraubenden neuen Gebäude“, schließen die Antragsteller.
Foto (Michalzik): Gegen einen möglichen Abriss des Ebstorfer Rathauses formiert sich Widerstand.