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Schwieriges Areal mit viel Potenzial: Die Medinger Mühle wird von der Stadt Bad Bevensen gekauft – Intensive Diskussion im Rat

  • Subtitle: Bad Bevensen

Von Michael Michalzik

Bad Bevensen. Medingen hatte schon elektrische Straßenlampen, als andernorts noch jeden Abend der Gasmann unterwegs war, um die Zündung der Lampen per Hand einzeln auszulösen. Warum? Weil die Medinger Wassermühle nicht nur über Jahrhunderte Dank der Kraft der Ilmenau das Getreide der umliegenden Felder zu Mehl mahlte, sondern ihr Rad auch genug Strom erzeugte, um den ganzen Ort zu versorgen. Längst ist es ruhiger um die Mühle und ihre zahlreichen Gebäude geworden. Einiges ist baufällig, anderes ist denkmalgeschützt. Ein spannendes Objekt – und plötzlich tat sich die Chance auf, das auf 30.000 Quadratmetern Grund stehende Ensemble zu kaufen. Preis: etwas über eine Million Euro. Potenzielle Kunden, so die Bedingung der Besitzer: nur die öffentliche Hand.

Was also tun mit einer alten Wassermühle mit einer Bausubstanz, die zum Teil aufwändig nach Vorgaben des Denkmalschutzes saniert werden müsste, deren Gebäude teilweise in einem FFH-Schutzgebiet liegen und bei dem es auch noch um die Klärung der Wasserrechte geht? Darüber hatte der Rat der Stadt Bad Bevensen unter Vorsitz von Bürgermeisterin Gabriele Meyer in seiner Sitzung am gestrigen Donnerstagabend zu entscheiden.

Stadtdirektor Martin Feller hatte nach eigenem Bekunden monatelang verhandelt. Am Ende stand die Zahl 1.040.000 Euro für das komplette Ensemble. Zu erwartende Nebenkosten: mehr als 90.000 Euro. Während der Zeit der Verhandlungen war der jeweils aktuelle Sachstand immer wieder dem Verwaltungsausschuss berichtet worden. Dennoch: Einig war man sich gestern im – digital erweiterten – Ratsrund nicht. Feller sprach von einer einmaligen Chance: „Die Stadt hätte das Objekt seit Jahren gern gehabt, um es weiter zu entwickeln. Jetzt haben wir die Chance, die Mühle zu kaufen und ein vernünftiges Konzept umzusetzen.“ Einfach, bekannte der Stadtdirektor, werde es aber nicht – schließlich liege das Ensemble teils in einem Überschwemmungsgebiet und in einem Landschaftsschutzgebiet. Hinzu kämen Denkmalschutz-Auflagen. Der Landkreis werde indes unterstützen und sich um das Wasserrecht kümmern.

Ein wesentlicher Punkt: Die noch funktionierende Wasserrad-Anlage macht an dieser Stelle das Passieren für Boote ebenso unmöglich wie für Wasserbewohner. Feller: „Die Durchgängigkeit sollte dann realisiert werden.“

Der Medinger Mühle würde für den Fall, dass Bad Bevensen den Zuschlag für die Landesgartenschau 2026 erhält, besondere Bedeutung zukommen. Die Mühle wäre dann einer der Eckpunkte zusammen mit der Bünstorfer Heide sowie dem Areal des ehemaligen Hamburger Krankenhauses.

Sönke Strampe (CDU) sah das Vorhaben kritisch: „Es ist ein Standort mit Potenzial und großer Historie. Leider ist die Mühle in die Jahre gekommen. Das ist ein Kauf auf blauen Dunst. Sie haben kein Konzept für denkmalgeschützte Gebäude und Ruinen, die zum Teil im FFH-Gebiet stehen. Dafür eine Million Euro aus der lockeren Hand ausgeben – da kann ich nicht mitgehen.“ Strampe stellte den erweiterten Antrag, erst zu kaufen, wenn der Zuschlag für die Landesgartenschau erteilt sei. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Martin Feller: „Auch wenn ein Investor das Objekt kaufen würde – die Beplanung erfolgt immer erst danach, nicht vorher. Wir gefährden den Kauf, wenn wir ihn auf die lange Bank schieben.“

„Wir haben es uns bei dem Thema außerordentlich schwer gemacht“, bekannte Michael Chales de Beaulieu (SPD): „Ich kann Sönke Strampe folgen, ich finde eine vertragliche Kombination mit der Landesgartenschau gut. Aber ich würde den Verantwortlichen gern den Kredit geben, das Projekt zu gestalten. Wir werden die Abstimmung freigeben. Diese größere Summe fällt uns nicht leicht. Aber wir haben sehr gute Argumente von der Verwaltung gehört, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist.“

Hans-Bernd Kaufmann (BfB): „Es gibt in einer Legislaturperiode nur wenige Sternstunden. Genau das könnte der Kauf dieser Mühle sein, für die örtliche Entwicklung, für den Tourismus. Dass es kein Konzept gibt, ist falsch. Es liegt ein Bebauungsplan aus dem Jahr 1995 vor, der zeigt, was möglich ist. Diese Mühle ist das I-Tüpfelchen eines touristischen Konzepts entlang der Ilmenau. Boote müssen dort bis heute umgesetzt werden. Wir haben heute diese einmalige Chance für den Fremdenverkehr. Dieses Gelände kann entwickelt werden, unabhängig davon, ob es hier eine Landesgartenschau gibt oder nicht.“

„Es gibt noch kein hundertprozentiges Konzept. Aber wir sehen das Potenzial mit oder ohne Landesgartenschau. Man braucht gerade jetzt ein wenig Mut. Wir haben uns in der Stadt entschlossen, aktiv Grundstücke zu kaufen. Ich habe mich mit der Medinger Mühle intensiv befasst. Sie ist geschichtlich sehr bedeutend, da dürfte es viel darzustellen geben“, betonte Florian Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen).

Kritische Worte von Birgit Ahders (SPD): „Ich sehe nicht die Stadt in der Verantwortung, sondern einen Investor. Ich sehe uns als Stadt nicht in der Lage, so ein Projekt zu wuppen.“ Martin Feller entgegnete, dass die Verkäufer nicht bereit sind, an einen privaten Investor zu verkaufen, nur an die Stadt oder den Landkreis.

Olaf Heinemann (CDU): „Ich sehe Potenzial. Aber ich sehe als Unternehmer auch Gefahrenpunkte, etwa beim Denkmalschutz. Für mich ist das Projekt schwer, nicht nachvollziehbar und zu kurzfristig.“

„Wir sollten uns nicht drücken lassen. Man kann, man will. Aber es gibt nichts Konkretes. Wir brauchen mehr Zeit für dieses riesige Areal. Wir sollten zusammen mit privaten Investoren planen und uns nicht unter Druck setzen lassen“, hielt Sönke Strampe fest.

Stellvertretende Bürgermeisterin Katja Schaefer-Andrae (Bündnis 90/Die Grünen) konterte: „Sönke, ich möchte zurückblicken. Warum liegen bestimmte Areale brach? Weil nicht gehandelt wurde. Das Hamburger Krankenhausgelände hätte man für einen Euro haben können, jetzt muss es teuer gekauft werden.“

Dirk Harms (CDU): „Die Vergangenheit hat es gezeigt, die Verwaltung ist nicht in der Lage, so etwas zu planen. Das beste Beispiel ist das Quartier Lindenstraße. Ich fürchte, das wird ein Millionengrab.“

Der Rat der Stadt Bad Bevensen sprach sich schließlich mehrheitlich für den Kauf der Medinger Mühle durch die Stadt aus.

Foto: Frank Vincentz, Wikimedia Commons