
Doch keine Erdwärme für Bad Bevensen? Einmal mehr steht das Projekt auf der Kippe - CDU und Gruppe FDP/Großmann wollen wieder die Reißleine ziehen
- Subtitle: Bad Bevensen
Von Michael Michalzik
Bad Bevensen. Lange Zeit hatte es in Bad Bevensen nach echter Zukunftsmusik ausgesehen. Geothermie lautete das Stichwort, mit dem sich die Kurstadt energetisch vollkommen neu positionieren wollte. Das Projekt wurde von Stadtdirektor Martin Feller mit viel Elan vorangetrieben: Gründung einer Gesellschaft für erneuerbare Energien, Vorbereitung einer millionenschweren Probebohrung in diesem Jahr. Aber jetzt steht das Projekt einmal mehr auf der Kippe: In der ersten Sitzung des Rats der Stadt Bad Bevensen in diesem Jahr (23. Januar, 18 Uhr, auch per Streaming) werden CDU und die Gruppe FDP/Großmann beantragen, die Reißleine für das gesamte Projekt zu ziehen.
Einen solchen Vorstoß gab es seitens der Antragsteller bereits im Juni vergangenen Jahres - damals machten sie in der laufenden Sitzung einen Rückzieher, nun soll es soweit sein.
So liest sich der neue Antrag:
„Der Rat der Stadt Bad Bevensen weist seine Vertreter in der Gesellschafterversammlung für erneuerbare Energien Bad Bevensen GmbH an, durch Beschluss der Gesellschafterversammlung, die Gesellschaft zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufzulösen. Ferner möge der Rat beschließen: In dem Stadthaushalt 2025 werden keine finanziellen Mittel bereitgestellt und damit das Vorhaben der Erschließung von Tiefengeothermie nicht weiterverfolgt."
Mit Geothermie wird Erdwärme für Energiegewinnung und/oder zum Heizen von Gebäuden verwendet. In der Kurstadt soll die neue Gesellschaft für erneuerbare Energien Bad Bevensen GmbH das Projekt vorantreiben und realisieren. Eine Probebohrung bis in eine Tiefe von mehreren Tausend Metern würde 10 Millionen Euro kosten. Im Fall eines Misserfolgs würde das Land Niedersachsen 9 Millionen Euro übernehmen. Sollte die Bohrung Erfolg haben, könnte Bad Bevensen dieses Geld über 20 Jahre zurückzahlen. Im Falle eines Erfolges stünde quasi über einen unbegrenzten Zeitraum Erdwärme zur Verfügung. Abnehmer sollen die öffentlichen Gebäude sein, allen voran die Jod-Sole-Therme. Vorteile: Zukunftssicherheit, Kostenersparnis und Unabhängigkeit von weiteren Preisentwicklungen auf dem Markt.
Doch jetzt könnte alles anders kommen. Denn, so die CDU und Gruppe FDP/Großmann: „Eine aktuelle Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Projekt ‚Geothermie in Bad Bevensen’ prognostiziert eine Rentabilität erst nach mehr als 20 Jahren. Und dies auch nur unter sehr günstig angenommenen Rahmenbedingungen. Vor allem die Investitionskosten gerade zum Beginn des Projektes der Geothermie belasten den ohnehin schon strukturell defizitären Haushalt der Stadt Bad Bevensen zusätzlich in unverantwortlicher Art und Weise. Die Idee einer nachhaltigen und klimafreundlichen Wärmequelle durch Tiefengeothermie ist interessant und langfristig sicher eine Option. Allerdings nur dann, wenn nicht allein die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bad Bevensen dieses gegenwärtig kaum zu kalkulierende finanzielle Risiko tragen müssen. Ein solches Projekt übersteigt nach unserer Überzeugung am Ende die Möglichkeiten einer kleinen Kurstadt.“
Mehr dazu: Wie Bad Bevensen energetisch autark werden will
Für die nächsten drei Jahre seit bereits ein negativer Stadthaushalt prognostiziert. Weiter heißt es: „Weitere finanzielle Verpflichtungen erwarten uns darüber hinaus aus dem Landkreis und auch aus der Samtgemeinde durch eine Erhöhung der Umlagen. Unsere Anstrengung gilt der Zukunftsfähigkeit unserer Stadt. Dazu gehört es aus unserer Sicht, Wirtschaft und Tourismus durch zielgerichtete Maßnahmen, gemeinsam mit Investorinnen und Investoren, zu stärken und die Infrastruktur der Stadt zu erneuern und zu pflegen. Dies ist der Wesenskern einer kommunalen Selbstverwaltung. Nicht jedoch die Umsetzung eines Hochrisikoprojekts ohne erkennbare Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bad Bevensen.“
Foto: Michalzik