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Nach dem Aus für "mein real" in Uelzen: Das sagen Verwaltung und Politik

  • Subtitle: Uelzen

Von Michael Michalzik

Uelzen/Mönchengladbach. Die Zukunft des „mein real“-Markts in Uelzen lag nach den Turbulenzen um den Mönchengladbacher Mutterkonzern „real GmbH“ schon mehrfach im Ungewissen. Seit gestern Abend steht fest: Der Standort Uelzen wird bis März 2024 geschlossen. Die 80 Mitarbeiter stehen dann ohne Job da. Die Hansestadt muss mit der Schließung einen Leerstand von 6.000 Quadratmeter Ladenfläche verkraften. Was sagen Verwaltung und Politik zu der Hiobsbotschaft? Die Uelzener Nachrichten fassten nach.

Bürgermeister Jürgen Markwardt: „Wir haben bis zuletzt gehofft, dass für den Standort Uelzen eine Lösung gefunden wird. Ich bedauere sehr, dass dies offensichtlich nicht gelungen ist. Es ist eine besonders schwierige Situation für die Mitarbeitenden. Hinter jeder angekündigten Entlassung steht ein persönliches Schicksal, und das macht mich sehr betroffen. Auch wenn die angekündigte Frist 31. März abzuwarten ist, nehmen wir das Flächenpotential in die Überlegungen zur Stadtentwicklung auf.“

CDU-Fraktionsvorsitzender Stefan Hüdepohl: „Das ist ein Schlag für die Beschäftigten, eine Katastrophe. Jetzt bleibt vor allem zu hoffen, dass der Uelzener Arbeitsmarkt die Mitarbeiter nach der Schließung schnell aufnehmen wird.“ Der Einzelhandelsmarkt sei überhitzt, hinzu komme Online als Konkurrenz. Aber, so Hüdepohl: „Das ist vor allem ein Strukturproblem des real-Konzerns.“ Bei 45 bundesweit geplanten Marktschließungen schaue der Insolvenzverwalter offenbar nur, wo noch etwas zu holen sei: „Und Uelzen war offensichtlich nicht profitabel.“ Gründe dafür gebe es mehrere: Durch neue Märkte und Discounter in umliegenden Ortschaften sei die Sogwirkung der Hansestadt nicht mehr so stark wie früher. In Uelzen selbst sei die Konkurrenz bestens vertreten und aufgestellt: „Lidl und Aldi sind ohnehin gesetzt. Zweimal Edeka und eine große Kaufland-Filiale kommen noch dazu. Die Konkurrenz hat in den vergangenen Jahren massiv investiert.“ Was die bald leerstehende Immobilie mit 6.000 Quadratmetern angeht, sei nun die Wirtschaftsförderung der Hansestadt Uelzen gefragt: „Ich glaube nicht, dass die Wettbewerber Interesse haben. Aber es ist eine interessante Immobilie. Da müssen jetzt Gespräche geführt und ausgelotet werden, was für Möglichkeiten es gibt.“

SPD-Ratsherr Dr. Till Manning: „Als SPD-Fraktion bedauern wir die Schließung des Uelzener real-Marktes zutiefst. Für den Standort Uelzen ist das ein herber Schlag, denn er bedeutet nicht nur den Verlust von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuern in der Hansestadt, sondern gerade für die Ortsteile Kirch- und Westerweyhe den Verlust eines attraktiven Einkaufsmarktes mit breiter Warenpalette. Wir müssen nun schnell darüber sprechen, wie die Nachnutzung des Areals und des Gebäudes gestaltet werden kann. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihren Familien ist das eine katastrophale Nachricht so kurz vor Weihnachten. Ich hoffe sehr, dass die real GmbH zu Ihrer Verantwortung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steht und ihr Versprechen einhält, zumindest bis Ende März nächsten Jahres den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten und die Löhne und Gehälter weiter zu zahlen.“

CDU-Ratsherr Jon Matz: „Dies ist eine Katastrophe für Uelzen. Real ist ein wichtiger Player in der Uelzener Wirtschaft, und der Job-Verlust ist für die Mitarbeiter bitter. Die Westerweyher haben es nun weiter, um einen Groß-Supermarkt zu erreichen. Der große Leerstand tut der Stadt nicht gut.“

Judith Libuda, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen: "Als kommunalpolitisch Aktive sind uns von vornherein die Hände gebunden, wenn es um solche Konzernentscheidungen geht. Allerdings haben wir als Hansestadt mit dem Bau des Marktcenters selbst für eine Veränderung der Einkaufslandschaft in Uelzen gesorgt, dies hatte sich bereits auf andere Lebensmittelhändler ausgewirkt und zu Schließungen geführt. Heutige politische Beileidsbekundungen ändern nichts daran, dass die Kundschaft bei real ausgeblieben ist oder der Gewinn nicht ausreichend war. Die Beschäftigten die dem Unternehmen, in der Hoffnung es könnte am Standort weitergehen, die Treue gehalten haben und die sich nun kurzfristig neu orientieren müssen, sind die Leidtragenden des langsamen Sterbeprozesses von real. Für alle hoffen wir, dass sie schnell eine geeignete neue Anstellung finden. Zum Glück sind die Chancen darauf aktuell noch gut."

UWG-Fraktionsvorsitzender Ralf Mustermann: "Sicherlich ist die Versorgung von Stadt und Landkreis Uelzen mit der Schließung von 'mein real' nicht gefährdet, dennoch verliert die Stadt einen attraktiven Standort. Mein real ist der größte Vollsortimenter in der Stadt und hatte das größte Angebot. Warum das hier nicht mehr funktionierte, können wir nicht beantworten. Bedauerlich ist es auf jeden Fall. Schließlich hatten viele Menschen aus Uelzen, incl. meiner Person, eine viele Jahre andauernde Kundenbeziehung. Das wird sich alles ein wenig ändern. Wir hoffen natürlich, dass alle Beschäftigten wieder Arbeit finden, was angesichts des Fachkräftemangels in den Servicebereichen hoffentlich nicht zu schwierig ist. Spannend wird jetzt natürlich auch, wie sich der Standort entwickeln wird. Was Uelzen auf keinen Fall braucht, ist eine weitere Hängepartie, die sich über viele Jahre hinzieht." 

Karl-Heinz Günther (CDU), stellvertretender Bürgermeister der Hansestadt Uelzen und Ortsbürgermeister von Kirch- und Westerweyhe: „Wo können die Menschen im Norden Uelzen noch einkaufen? Muss das vom Rat der Hansestadt 2016 beschlossene Einzelhandelskonzept jetzt überarbeitet werden? Die Entscheidung ist so schlimm, dass man das im Moment kaum greifen kann.“ Bereits gestern Abend, als der UEN-Bericht über die Schließung online gegangen war, riefen die ersten Kirch- und Westerweyher bei Günther an: „Einige sagte, sie kauften schon immer dort ein. Der Stadtbus hält genau vor real, sie kaufen dort ein und fahren dann wieder raus.“ Künftig müssen alle direkt in die Stadt fahren, auch die Älteren. Karl-Heinz Günther: „Ein Irrsinn. Ich glaube nicht, dass real sich ernsthaft um einen neuen Besitzer gekümmert hat.“

„mein real“ in Uelzen gehört zu den 45 Märkten bundesweit, die geschlossen werden. Die real GmbH will nun bis zum 31. März 2024 mindestens 13 mein real-Märkte an die Rewe Group, drei Märkte an Kaufland und einen Markt an Edeka übertragen. Ein weiterer Standort wurde bereits an die Rewe Group übergeben. Durch die Übertragungen – die zum Teil noch unter Vorbehalt der Zustimmung der Vermieter und des Bundeskartellamts stehen – kann der Geschäftsbetrieb in den entsprechenden Märkten fortgeführt werden, mit dem Ziel, möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern, heißt es in einer Pressemitteilung: „Die verbleibenden Märkte werden bis zum 31. März 2024 geschlossen, da für diese Standorte trotz intensiver Bemühungen bisher kein Abnehmer gefunden werden konnte.“

Symbolfoto: real Gmbh