
"So werd´ ich mich auf Gott verlassen“: Holzbildhauerin Katja Nitzsche restauriert Spruchbalken als Spende an das Museumsdorf Hösseringen
- Subtitle: Hösseringen
Hösseringen. „Auf diesen neuen Platz muss ich baun, auf meinen Alten kont ich mich nicht mehr vertrauen, so werd ich mich auf Gott verlassen, der wirds wohl machen mit meinen Sachen…“ So steht es auf dem Spruchbalken des Hauses aus Linden, welches derzeit im Museumsdorf Hösseringen wiederaufgebaut wird. Im Jahr 1820 ließen Christian Wilhelm Timm und seine Frau Maria Dorothea diesen Text über der Groot Dör ihres neuen Hauses einschnitzen. Dass ihr Haus mehr als 200 Jahre später wiederum am neuen Platz errichtet werden sollte, haben sich die Beiden sicher nicht träumen lassen. Im Jahr 1820 war das Wohnstallhaus eines der modernsten der Region, wurde hier doch schon früh die Vier-StänderBauweise angewandt. Auch deshalb ist es nun für die museale Präsentation so interessant. Derzeit werden die hölzernen Bauteile geprüft und ergänzt und in diesem Zuge soll auch der Spruchbalken restauriert werden. Ausgeführt werden die Arbeiten von Katja Nitzsche aus Ostedt. Die Holzbildhauerin ist erfahren mit der Arbeit an historischen Gebäuden und häufig in der Denkmalpflege tätig. Und: sie leistet die mehrwöchige Arbeit als Spende! „Ich bin schon viele Jahre
Mitglied des Museumsvereins“, erzählt sie. „Ich möchte auf diese Weise einen Beitrag für das Museum leisten.“ Den Wortlaut des Balkens kennt sie, auch aufgrund einer Zeichnung, die Dietrich Maschmeyer von der
Interessengemeinschaft Bauernhaus vor rund 40 Jahren angefertigt hat. So viele Jahre hat das Haus auf seine Wiedergeburt gewartet. Den Aufbau präsentiert das Museumsdorf als offene Baustelle auch für die Besuchenden. Für Katja Nitzsche sind die Arbeitsbedingungen im Museumsdorf recht komfortabel. „Die Arbeitshöhe ist natürlich angenehm, normalerweise bin ich ja auf dem Gerüst unterwegs“, sagt sie und weist auf den mächtigen Balken, der einst das Giebeldreieck des Dachgeschosses vom Erdgeschoss trennte und die Last des Daches aufnahm. Er weist mit zwölf Metern eine beeindruckende Länge auf und wurde aus einem einzigen Baumstamm hergestellt. Noch heute ist er weitgehend intakt und kann seinen ursprünglichen Zweck ohne Abstriche erneut aufnehmen. Der Spruch darauf soll nun auch wieder besser zur Geltung kommen. Farbreste geben Auskunft über alte Fassungen, wahrscheinlich war die erste Farbgebung ein bräunliches Eisenoxid. In den 1920er-Jahren wurde
der Balken dann blau gestrichen. Auch der Zimmermann hat seinen Namen hinterlassen: „H. Grau, den 18ten Mei anno 1820“. Wahrscheinlich handelt es sich um Heinrich Grau, einen damals in der Region etablierten Handwerker. „Der Zimmermann hat eine sehr qualitätvolle Arbeit geleistet“, so Katja Nitzsche.
„Die Gestaltung der Buchstaben ist ausgereift und sehr ästhetisch.“ In ihrer Arbeit hat die Bildhauerin schon viele Schriften kennengelernt und dabei festgestellt, dass „jeder Sprücheklopfer seine eigene Schrift“ herausbildete. „Als Vorlage dienten wohl Gesangbücher oder die Bibel“, ergänzt der stellvertretende Museumsleiter Dr. Björn Thomann. Ob das neue alte Haus im Museumsdorf „bis in Ewigkeit“ stehen wird, wie es der Spruchbalken auch verheißt, ist heute nicht absehbar. Aber eine lange Zeit hat es an dieser Stelle bestimmt vor sich.
Foto: Museumsdorf Hösseringen