Berlin-Tagebuch unserer FDP-Bundestagsabgeordneten Anja Schulz (Teil 23): Turbozündung gegen strukturelle Lethargie
Hallo Uelzen,
wo lesen Sie mein Tagebuch eigentlich üblicherweise? Morgens beim Kaffee am Küchentisch, noch im Bett, in der Mittagspause oder vielleicht im Bus oder in der Bahn? Falls Letzteres der Fall sein sollte, besteht eine große Chance, dass Sie immer etwas mehr Zeit zum Lesen haben. Denn ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die Straßen, genau wie die deutsche Infrastruktur insgesamt, nicht im besten Zustand sind.
Das hat vor allem etwas mit unseren Planungs- und Genehmigungsverfahren und der Bürokratie insgesamt zu tun. Durch ein hypersensibles Klagesystem kann jedes Projekt auf Jahre verzögert oder sogar ganz verhindert werden.
Das Ergebnis: Die Bagger und Bauarbeiter stehen still, während Straßen und Brücken immer maroder werden. Diese Woche haben wir im Bundestag daher einen ersten Turbo gegen diese strukturelle Lethargie gezündet. Mit einem Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsrechtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich sorgen wir dafür, dass die Gerichte die wichtigsten Verfahren, wie im Straßen und Schienenbau oder der Stromversorgung, vorziehen und schneller abarbeiten können. Darüber hinaus sollen Möglichkeiten genommen werden, Projekte aufgrund kleiner, kosmetischer Mängel in der Planung mit ewigen Klagen zu blockieren.
Für mich und meine Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion der Freien Demokraten kann das aber nur ein erster Schritt sein. Ein Tempolimit bei Großprojekten können wir uns einfach nicht mehr erlauben. Leider scheinen nicht alle Parteien davon überzeugt zu sein. Die Einwände der Grünen sind meist eher ein Plädoyer für die organisierte Unverantwortung und Verlangsamung, als für den Klimaschutz. Denn wie gut sind kaputte Straßen und Brücken und die damit einhergehenden Staus für den Klima- und Umweltschutz sind oder für das marode Bahnsystem, das gar nicht in der Lage ist, den Verkehr von den Straßen auf die Schienen zu bringen?
Wohin dieser Irrsinn in seiner ausgeprägtesten Form führt, kann man hier in Berlin bestaunen:. Hier hat es geschlagene 25 Jahren gebraucht bis der Flughafen BER fertig wurde. Im selben Zeitraum wurde keine einzige Wohnung am Tempelhofer Feld gebaut. Und erst im Januar konnte man im Tagesspiegel lesen, das Grüne und Linke in Berlin aktiv den Neubau von bis zu 8000 Wohnungen in Pankow verhindern. Anstatt sich jedoch darum zu kümmern, dass endlich mehr Wohnungen gebaut werden, hängt man im Senat Enteignungsfantasien nach. Dass dadurch nicht eine einzige Wohnung mehr zur Verfügung stehen würde und Berlin durch die nötigen Entschädigungszahlungen auf einen Schlag bankrott wäre, scheint die Beteiligten dabei nicht wirklich zu stören.
Bei solchen politischen Verhältnissen ist es kein Wunder, dass die Lage im Berliner Wahlkampf gerade angespannt ist. Ich selbst habe mir am Donnerstag ein Bild davon gemacht und gemeinsam mit Parteikollegen Wahlkampf in der Stadt gemacht. Auch wenn ich Uelzenerin mit Leib und Seele bin, ist Berlin eine schöne Stadt, die einfach Besseres verdient hat. Vor allem eine bessere Regierung. Eine Verwaltung, die funktioniert, endlich neue Wohnungen schafft, die schnell und unkompliziert gebaut werden und dadurch zu sinkenden Mieten führen. Leider hat es die FDP trotz, aus meiner Sicht guter Ideen dieses Mal nicht wieder in das Rote Rathaus geschafft. Hier müssen wir in Zukunft ansetzen. Wie schaffen wir es, die Menschen wieder von der liberalen Idee zu begeistern? Denn trotz dieses Ausgangs bin ich gespannt, ob es einen politischen Wechsel und damit einen neuen Kurs in Berlin geben wird.
Dass es noch viel zu verändern und viel zu schaffen gibt, sehen wir sowohl in Berlin als auch im Bund. Daher freue ich mich auf die nächsten Wochen, in denen wir uns vor allem mit meinem Fachbereich der Gesetzlichen Rente beschäftigen werden. Unser Ziel ist es das umlagefinanzierte Rentensystem zu verbessern und durch eine teilweise Kapitaldeckung zu ergänzen. Denn schon heute ist unser Rentensystem nicht mehr tragfähig und wird mit über 100 Milliarden Euro jährlich durch Steuermittel gestützt - weil es vorherigen Regierungen wichtiger war, Wahlgeschenke an Rentnerinnen und Rentner zu verteilen, als nachhaltig zu agieren. Es bleibt also spannend.
Bis bald!