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Wrestedter Enrico Schülbe half als Busfahrer an der ukrainischen Grenze: „Nur einen Steinwurf von mir entfernt werden Menschen getötet“

  • Subtitle: Wrestedt

Wrestedt. Der Wrestedter Enrico Schülbe war ehrenamtlich als Helfer im Krisengebiet: Er brachte als Busfahrer Menschen in Sicherheit, die aus der Ukraine nach Polen geflohen sind: „Als ich einen Spendenaufruf gelesen habe, von einem befreundeten Busunternehmen, war mir klar, Da musst du helfen!“ Arbeitgeber Firma Kewitz in Uelzen war sofort einverstanden, Schülbe plante kurzerhand seinen Jahresurlaub um und legte los: „Ich bot meine Hilfe als Busfahrer an. Die vielen Meldungen und Nachrichten lassen einen ja nicht unberührt.“

Am Abend des 1. März ging es mit zwei Reisebussen los in Richtung Ukraine – voll beladen mit Hilfsgütern: „Von Lüchow sind wir mit zwei Bussen, vier Fahrern und dem Orga-Team gestartet.“ Es ging über Dresden, wo Rapper Massiv mit einstieg. Der Musiker hatte seine 780.000 Instagram-Follower aufgerufen, mit Hilfsgütern zu unterstützen, es gehe um „eine freie Welt“.

Um 6 Uhr morgens war Polen erreicht, die Hilfsgüter wurden in Lastwagen umgeladen. Der Wrestedter Schülbe, der auch als ehrenamtlicher Priester in der Neuapostolischen Gemeinde tätig ist: „Dann ging es weiter zum Ort Premyśl, wo wir erstmal neun Stunden Ruhezeit gemacht werden mussten. Dann ging es zum Bahnhof Premyśl, da holten wir traumatisierte Menschen, Groß und Klein, ab, um sie in Sicherheit zu bringen. Ein ukrainischer Lastwagen hat noch von uns medizinisches Material, schusssichere Westen und Armeestiefel übernommen, die wir ins Grenzgebiet gebracht haben. Es ist einfach unvorstellbar, dass nur einen Steinwurf von mir entfernt Menschen getötet und Häuser bombardiert werden.“

Schülbe beschreibt dramatische Szenen: „Am Bahnhof spielen sich sehr emotionale Szenen ab. Einfach nur traurig. Wir dürfen dankbar und froh sein, dass wir zu Hause friedlich leben können. Es fängt klein an, bei uns zu Hause, in der Familie, auf der Arbeit und im sozialen Umfeld. Begegnen wir respektvoll einander, mit Wertschätzung trotz unterschiedlicher Ansichten und Meinungen. Sagen wir nicht: Was gehen mich Einzelschicksale an.“

Der Helfer aus Wrestedt berichtet vom Schicksal einer hochbetagten Frau, die nur eine kleine Tasche dabei hatte: „Das war alles, was sie in ihrem hohen Alter an Gepäck aus Kiew mitnehmen konnte.“ Am 3. März ging es abends mit zwei vollbesetzten Bussen zurück nach Deutschland: „Als wir morgens in Dresden als Ablösepunkt ankamen, waren wir schon froh, dass Kollegen aus Lüchow kamen, um uns vier Fahrer abzulösen, da Schlaf kaum möglich war. Die Busse teilten sich dann, einer nach Berlin und einer nach Hamburg.“

Schülbe abschließend: „Nun bin ich glücklich, müde, aber zufrieden, dass alles gut geklappt hat. Ich danke allen, die beigetragen haben, Ole Hilmer für die Urlaubsermöglichung, Stefan Irro für die Aktion selbst mit dem Autohaus Thieme in Uelzen. Und die Facebook-Freunde für eure Gebete, für den Zuspruch und eure lieben Kommentare. Ich würde es jederzeit wieder tun, nur mein Urlaub ist begrenzt. Ich bete weiter, dass der Krieg zu Ende geht, die Familien wieder zusammenfinden, besonders für die Kinder, die das gar nicht erfassen können, was da gerade passiert. Nun bin ich wieder zuhause und habe meine Lieben erstmal in den Arm genommen.“

Foto: privat