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Publikumsdiskussion mit Parlamentariern in Ebstorf: Von einer 100 Jahre alten Agrar-Steuererleichterung und den AfD-Plänen zur Streichung aller landwirtschaftlichen Subventionen

  • Subtitle: Ebstorf

Von Michael Michalzik

Ebstorf. Hunderte von Landwirten sind am heutigen Dienstag der Einladung zu einer Publikumsdiskussion in den alten Getreidespeicher nach Ebstorf gefolgt. Schnell war klar: Die Sorgen und Existenznöte der Bauern sind weiterhin groß. Und: Berlin ist nicht gleich Berlin. Die Sparpläne der Regierungsspitze stießen bei manchem Abgeordneten der Ampelregierung auf Ablehnung, wie deutlich wurde. Weitere Erkenntnis: Wenn es nach dem Willen der AfD ginge, würden Bauern gar keine Subventionen mehr bekommen, weil man den Wettbewerb der Landwirte untereinander schüren wollte, wie ein Parteivertreter aus dem Heidekreis erklärte.

Überwiegend sachlich wurde wie erwartet mit harter Kritik an der Regierung nicht gespart. Dass manch ein Zuhörer erst noch lernen muss, dass der Ton die Musik macht und man Diskussionspartnern nicht schreiend näherbringt, dass man „verarscht werde“ und „alles Scheiße“ sei, blieb zum Glück der Ausnahmefall.

Bundestagsabgeordneter Dirk-Ulrich Mende (SPD) machte deutlich, dass die jetzigen Probleme der Landwirtschaft nicht durch die aktuelle Regierung entstanden seien: „In den vergangenen 75 Jahren wurden hunderttausende von Höfen aufgegeben.“ Der Vorschlag, die Steuerfreiheit für Agrar-Fahrzeuge abzuschaffen und den Agrardiesel nicht länger mit Steuervorteilen zu versehen, sei eine Entscheidung „dreier Männer in Berlin gewesen, die über Nacht getroffen wurde“, kritisierte der ehemalige Celler Oberbürgermeister. Als unter anderem Landtagsabgeordneter Jan Henner Putzier (SPD) und er selbst von dem Plan erfahren hätten, hätten sie sich sofort dagegen ausgesprochen.

Wirtschafts-Expertin und FDP-Bundestagsmitglied Anja Schulz räumte mit Legendenbildung auf: Der Steuervorteil für landwirtschaftliche Fahrzeuge, erläuterte sie, sei 1922 beschlossen worden – damit mehr Motor-Technik anstatt weiter Ochsen und Pferde auf den Feldern eingesetzt werden solle. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages habe bereits im vorigen Jahr festgestellt, dass der Auftrag seit Jahrzehnten erfüllt sei und es keinen Grund mehr für diese Bevorzugung gebe, machte Anja Schulz deutlich.

Landtagsabgeordneter Jörg Hillmer (CDU) konterte Mendes Einschätzung, dass 2023 ein hervorragendes Jahr für die Landwirtschaft gewesen sei: „Die Landwirtschaft de-investiert. Es werden immer weniger Ställe gebaut, die Einnahmen waren Aufgaben-Gewinne.“

Dem Hinweis aus dem Publikum, dass „die da in Berlin“ nicht zuhörten, entgegnete Dirk-Ulrich Mende: „Wir sind doch gerade hier und reden mit Ihnen. Bitte nicht so tun, als wenn wir nicht zuhören.“ Genau das sei die Aufgabe der Parlamentarier, erklärte Anja Schulz: „Wir berichten in Berlin, was uns die Menschen vor Ort sagen.“

Foto: Michalzik