Zum Hauptinhalt springen

Landkreis Uelzen

"Höherwertige Fleischprodukte sind ein Trend, der sich fortsetzt"

 |  Landkreis

Uelzen/Landkreis. Der Discounter Aldi hat angekündigt, das Billigfleisch aus seinen Regalen zu verbannen: Aldi will bis 2030 nur noch Fleisch aus den höchsten Haltungsformen drei und vier anbieten. Diese Umstellung wird auch Auswirkungen auf die hiesige Landwirtschaft und regionalen Fleischerzeuger haben. Was zu erwarten ist, darüber spricht Jörn Ehlers, Vizepräsident des Landvolk-Verbands Niedersachsen, im Interview mit den Uelzener Nachrichten.

Herr Ehlers, ist der Aldi- Ausstieg aus dem Billigfleisch-Segment ein richtiges und wichtiges Signal?

Jörn Ehlers: Es ist ein deutliches Signal, wenn ein bedeutender Discounter solche Ziele formuliert. Aldi vermarktet etwa 24 Prozent des deutschen Frischfleischangebotes (Quelle GfK). Klar muss meiner Meinung nach jedoch sein: Höhere Standards erfordern auch einen höheren Preis, der bei dem ankommen muss, der diese Standards gewährleistet; also beim Landwirt. Mir wäre wichtiger, der Handel würde sich zur Umsetzung des Borchert-Konzeptes * bekennen, anstatt ständig eigene Ziele zu formulieren.

Was versprechen sich die landwirtschaftlichen Erzeuger davon? Wird die Nachfrage an ihren Produkten aufgrund des Aldi-Vorbilds steigen?

Jörn Ehlers: Derzeit werden etwa 1 bis 1,5 Prozent des Fleisches nach den von Aldi neu formulierten Standards erzeugt. Größer war bisher auch die Nachfrage nicht. Wenn der Handel bereit ist, für andere Tierhaltungsverfahren Geld auszugeben, wird es genügend Landwirte geben, die bereit sind, solche Haltungsverfahren umzusetzen. Leider hat es jedoch bisher die Politik nicht geschafft, ein Baurecht auf den Weg zu bringen, das eine Weiterentwicklung der Tierhaltungen unkompliziert ermöglicht. Hier sehe ich derzeit die größten Hemmnisse.

Ergeben sich jetzt weitere Chancen für die Direktvermarktung?

Jörn Ehlers: Die Direktvermarktung erfüllt neben den guten Produkten einen weiteren wichtigen Aspekt bei Nahrungsmitteln: die Regionalität. Es gibt direkten Kontakt zwischen Erzeuger und Verbraucher und ein „Gesicht“ hinter dem Produkt. Diese Punkte kann der Lebensmittelhandel und insbesondere der Discounter bisher nur schwer erfüllen und wollte es oft auch nicht. Durch Austauschbarkeit der Erzeuger konnte der Lebensmitteleinzelhandel in der Vergangenheit günstig einkaufen und die eigene Marge hoch halten.  

Wird sich der Verzicht auf Billigfleisch bei Discountern und anderen Anbietern durchsetzen?

Jörn Ehlers: Höherwertige Fleischprodukte sind ein Trend, der sich sicherlich fortsetzt. Ich würde mich freuen, wenn der Handel die Kunden durch Qualität und nicht durch Billigangebote in die Läden lockt. Letztendlich entscheidet jedoch der Verbraucher, und das ist auch für uns als Landwirte maßgeblich. Umfrageergebnisse sind gut und schön, aber entscheidend ist die Ladentheke. Hilfreich wäre die Umsetzung einer unserer langjährig bestehenden Forderungen: die Verpflichtende Herkunfts- und Haltungskennzeichnung.

Was für Auswirkungen wird die Aldi-Entscheidung in Bezug auf die Fleischpreise haben?

Jörn Ehlers: Die Auswirkungen für den Verbraucher dürften sich in Grenzen halten. Wir Landwirte benötigen je nach Haltungsstufe einen Preisaufschlag von 30 bis 50 Prozent. Dies wirkt sich dann direkt auf den Fleischpreis um 5 bis 10 Prozent aus.

* Die so genannte „Borchert-Kommission" hat im Februar 2020 ein Konzept für einen umfassenden Umbau der deutschen Nutztierhaltung vorgelegt.

 Foto (Landvolk): Jörn Ehlers, Vizepräsident des Landvolk-Verbands Niedersachsen