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Landkreis Uelzen

Grüne Spitzenkandidaten reden in Uelzen Klartext: Nein zur A39, grüne Agrarwende und ein modernisiertes Einwanderungsgesetz

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Von Michael Michalzik

Uelzen/Landkreis. Klare Ansage zu Verkehrs-Wende, Artenschutz in der Landwirtschaft und Hilfe für die von den Taliban bedrohten Menschen in Kabul: Zur zentralen Wahlkampfveranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen im Landkreis Uelzen begrüßten Die Kreisvorsitzenden Friederike Hein und Heiner Scholing sowie Bundestagskandidat Markus Jordan und Kreisgeschäftsführerin Judith Libuda am Donnerstag die beiden niedersächsischen Spitzenkandidaten, die Bundestagsabgeordneten Filiz Polat und Sven-Christian Kindler, inm Uelzener Café im Stadtgarten. Clint Ivie und seine Band sorgten für Musik. Als Überraschungsgast schaute Uelzens Bürgermeister Jürgen Markwardt vorbei, der bei seiner Kandidatur außer von der SPD auch von den Grünen unterstützt wird.

Im Pressegespräch redeten die Kandidaten Klartext. Zunächst gab es ein klares „Nein“ zum Ausbau der A39: „Autobahnen sind ein Konzept des vorigen Jahrhunderts. Diese Idee ist seit 60 Jahren alt. Die Versiegelung wertvoller Flächen muss massiv reduziert werden“, betonte der Bundestagskandidat Markus Jordan. Sven-Christian Kindler: „Es gibt gute Alternativen zur A39, beispielsweise den 2+1 Ausbau der B4. Wir haben nicht zu wenig Straßen. Aber der Bund sollte das Geld, das der Ausbau der A39 kosten würde, in den Erhalt der vorhandenen Infrastruktur investieren.“ Die Milliarden wären auch in Bahnschienen besser investiert.

„Wir fordern realistische und transparente Kostenübersichten“, so Filiz Polat. Bislang würden im Bundesverkehrswegeplan die Kosten von Autobahntrassen oft schöngerechnet. In ihrer Heimat Bramsche hätten sich die Kosten für eine Trasse von den üblicherweise angenommenen 10 Millionen Euro pro Autobahnkilometer verdoppelt. Im Fall der A39 hätten sich die veranschlagten Kosten in den vergangenen 30 Jahren, seit die Trasse diskutiert werde, verdreifacht: „Irgendwann übersteigen die Kosten den Nutzen.“

Wie soll aber die Zukunft der Mobilität für einen Flächenkreis von der Größe Uelzens aussehen? Markus Jordan fordert ein Mobilitätskonzept, das vor allem die neun vorhandenen Bahn-Haltestellen des Landkreises beinhaltet: „Wir verfügen über diesen Luxus und müssen ihn nutzen.“ Dem Hundertwasser-Bahnhof in Uelzen misst Jordan dabei zentrale Bedeutung zu: „Dort wird nicht nur das neue Parkhaus gebaut, es stehen auch Flächen im Gebäude zur Verfügung.“ Der Bahnhof habe enormes Potenzial und könnte die Mobilitätszentrale werden: Per Schiene anfahren und umsteigen auf E-Roller oder E-Auto zum Ziel. Aber auch bei der Fahrt aus der Stadt heraus würde Uelzen somit für Pendler deutlich attraktiver werden.

Weitere Themen für die Kandidaten sind eine grüne Agrarwende, bei der Subventionen nicht mehr nach Hof-Größe sondern Intensität der Nachhaltigkeit fließen, die digitale Transformation, unter anderem in Behörden und Schulen, sowie absolutes Nein zu Rechts. Filiz Polat: „Wir kritisieren die Verharmlosung eines Rechts-Rucks seitens der CDU.“ Dabei brauche Deutschland eine offene Gesellschaft: Ein modernes Einwanderungsgesetz werde auch dem Mittelstand zugutekommen. Dem weiter an Bedeutung zunehmenden Tourismus-Standort Deutschland treffe derzeit ein riesiger Fachkräftemangel in der Gastronomie.

Auch auf das bedrückendste Thema dieser Tage, dem Siegeszug der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan, gingen die Grünen-Kandidaten ein. Markus Jordan: „Die gefährdeten Menschen müssen sofort in Sicherheit gebracht werden.“ Filiz Polat erinnerte daran, dass die Grünen im Bundestag einen entsprechenden Antrag bereits voriges Jahr eingebracht hätten: „Er wurde lange blockiert und erst jetzt im Juni beschlossen. Aber das Zeitfenster schließt sich.“ Klar müsse auch sein: Rettungs-Maßnahmen beträfen nur Kabul, alle anderen Menschen im Land seien für eine Evakuierung nicht mehr erreichbar. Es gelte nun, aus den Erfahrungen mit Syrien zu lernen: „Das Bundes-Aufnahmeprogramm kam zu spät und lief zu kurz. Die Menschen haben sich erst auf dem Weg aus den Flüchtlingslagern gemacht, als es keine anderen Möglichkeiten mehr für sie gab.“ Bei einem neuen Aufnahmeprogramm für Menschen aus Afghanistan dürfe es keine „Rosinenpflückerei“ geben, es müsse an die Menschen als Familien gedacht werden. Wer bei der Flüchtlingspolitik auf autokratisch geführte Länder wie die Türkei setze, mache sich erpressbar, mahnte die Bundestagsabgeordnete.

Foto (Michalzik): Luden zur zentralen Wahlkampfveranstaltung der Grünen ins Café im Stadtgarten ein (von links): Sven-Christian Kindler, Markus Jordan, Friederike Hein, Heiner Scholing, Filiz Polat sowie Judith Libuda.