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Landkreis Uelzen

Interview: Andreas Dobslaw kandidiert als Unabhängiger für den Niedersächsischen Landtag

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Uelzen/Hannover. Andreas Dobslaw kandidiert als Unabhängiger für den Niedersächsischen Landtag. Der Polizeibeamte aus Wrestedt spricht im Interview über seine Motivation, seine Ziele, aber auch über die Herausforderung, die eine Kandidatur als Unabhängiger mit sich bringt.

Herr Dobslaw, sie gehen als unabhängiger Kandidat aus dem Landkreis Uelzen für die niedersächsische Landtagswahl an den Start. Bekommen Sie als Einzelkandidat denn politische Unterstützung von einer Partei oder Gruppe?

Andreas Dobslaw: Nein, eine Unterstützung durch eine Partei erhalte ich nicht. Die unabhängigen Wählergemeinschaften im Landkreis Uelzen haben keine Parteiorganisation und streben diese auch nicht an.

Insofern trete ich als Einzelbewerber an, der von den unabhängigen Wählergemeinschaften hier in unserem Landkreis unterstützt wird. Aufgrund der Erfahrung aus meinem ersten Landtagswahlkampf im Jahr 2017, damals ja noch für die SPD, muss ich aber feststellen, dass die Unterstützung der unabhängigen Wählergemeinschaften wesentlich besser funktioniert, als dies 2017 der Fall war. Ich bin wirklich überrascht, wie selbstverständlich die Unterstützung erfolgt und wie motiviert die Unterstützerinnen und Unterstützer sind. Was mich übrigens auch erstaunt, ist der Zuspruch und die Unterstützung auch von Menschen, die ich in den etablierten Parteien klar verorten kann und die von sich aus auf mich zukommen.

Wenn Sie in Hannover ins Parlament einziehen – welche wesentlichen Themen wollen sie platzieren? Welche Verbesserungen wollen Sie für den Landkreis Uelzen umsetzen?

Andreas Dobslaw: Meine Vorhaben für die nächste Legislatur werden pragmatisch sein und sich auf einige für unsere Region wesentlichen Themen fixieren. Primär wird es mir darum gehen, im politischen Raum eine regionale Verbindung Nordost-Niedersachsen zu begründen. Damit meine ich aber keine Kreisfusion, sondern einen parteiübergreifenden Kreis von Landtagsabgeordneten aller demokratischen Parteien aus unserer Region, die zu bestimmten wichtigen Themen gemeinsam in Hannover vorstellig werden. Egal, wer dort regiert. Also vor allem aus Uelzen, Lüneburg und Lüchow-Dannenberg. Das halte ich für wichtig, weil wir in der Vergangenheit immer wieder feststellen mussten, dass diese Landkreise von Hannover oder Berlin aus immer wieder auch gegeneinander ausgespielt oder schlicht vergessen wurden.

Darüber hinaus möchte ich mich für eine ideologiefrei und nachhaltige Wasserwirtschaft und für die landesweite Abschaffung der Straßenausbaubeiträge einsetzen. Wasser ist seit Jahren ein großes Thema in der Region und von Seiten der etablierten Parteien wird diese wichtige Thema, es geht um Versorgung und Existenzen, schlicht liegengelassen. Es ist Zeit, hier für Aufmerksamkeit und für akzeptable Lösungen für alle Betroffenen zu sorgen.

Ähnlich sieht es bei den Straßenausbaubeitragssatzungen aus. Die sind nicht nur unsozial, sondern werden angesichts der bevorstehenden wirtschaftlichen Veränderungen sogar zum Wirtschaftshemmnis. Auch hier haben die etablierten Parteien die Menschen landesweit im Regen stehen lassen. Die Umsetzung in Wrestedt war also nur ein erster Etappensieg. 

Und natürlich geht es mir um Verkehrsthemen wie den zeitnahen 2+1-Ausbau der B4, dem seit langem überfälligen Vollbeitritt zum HVV, dem Bau der A39 und alles, was sich darum rankt, und - ganz wichtig und absolut aktuell - die Verhinderung einer Neubaustrecke der Deutschen Bahn durch den Landkreis Uelzen! Der Stadtwald Uelzen ist für mich unantastbar!

Bei all diesen Themen haben CDU, SPD und GRÜNE kläglich versagt! Der 2+1-Ausbau der B4 hätte längst erfolgen können, wurde aber wegen der A39-Thematik immer wieder zurückgestellt. Aktuell weiß niemand, ob und wann die A39 kommen wird und zeitgleich ist die Situation auf der B4 völlig inakzeptabel.

Die Kostenübernahme für den Vollbeitritt zum HVV hatte die SPD seinerzeit zugesagt und dann hat man das Thema ganz schnell vergessen.

Und was sich die Deutsche Bahn ohne echten Widerspruch der etablierten Parteien mit der Planung einer Neubautrasse herausnehmen kann, verdeutlicht, wie wichtig die Schaffung der Region Nordost-Niedersachsen tatsächlich ist. Ein einzelner Landkreis hat da kaum eine Chance!

Während SPD und GRÜNE in Berlin den Verkauf unserer Region durch den FDP-Verkehrsminister mehr oder minder schweigend hinnehmen, stellt man bei der Niedersächsischen Landesregierung eine Sprachlosigkeit fest, die unfassbar ist. 

Und selbst die GRÜNEN hier vor Ort, die ja sonst immer laut sind, sind völlig verstummt. Es ist völlig inakzeptabel, dass die Vertreter dieser Parteien hier vor Ort nur das Parteilied singen, statt aufzubegehren.

Und dann möchte ich der zukünftigen Landesregierung sehr unangenehme Fragen zur Wertschätzung und Bezahlung von Polizei und Justiz stellen. Da liegt Niedersachsen im bundesvergleich ganz weit hinten. Soweit, dass sogar das Bundesverfassungsgericht schon vor 10 Jahren Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besoldung geäußert hat. Getan haben weder CDU noch SPD in den vergangenen 10 Jahren wirklich etwas, um die Situation aufzuklären oder zu verbessern. 

Und dabei geht es mir nicht nur um Geld, sondern auch um Strukturen!

Während man aus Angst vor den jeweiligen Gewerkschaften einigen Berufsgruppen quasi jeden Wunsch erfüllt, lässt man die eigenen Sicherheitskräfte im Regen stehen. Man wird mir erklären müssen, warum einige Berufsgruppen mit vergleichbarer Ausbildung mit A13 starten müssen und zum Beispiel bei der Polizei anders verfahren wird. 

Ein spannendes Thema, denn hier geht es um soziale Gerechtigkeit in einem Bereich, der für unsere Sicherheit sehr wichtig ist.

Ist der Weg in den Landtag für einen unabhängigen Kandidaten nicht schwieriger, als wenn man einer der etablierten Parteien angehört?

Andreas Dobslaw: Dazu muss ich zunächst auf meine anfänglichen Ausführungen verweisen. Natürlich erscheint es ungleich schwerer, wenn man nicht auf eine gut gefüllten Parteikasse oder prominente Gesichter zurückgreifen kann. Was die Parteikasse angeht, da ist viel mit Kreativität und Engagement auszugleichen, das beweisen die unabhängigen Wählergemeinschaften gerade!

Zu den prominenten Gesichtern der etablierten Parteien muss man feststellen, man sieht sie hier nur unmittelbar vor der Wahl und nach der Wahl verschwinden sie spurlos.

Ich denke, hier ist ein Abgeordneter, der persönliche Leistungen vorzuweisen hat und aus der Region kommt, sicher wichtiger.

Schöne Sprüche im Wahlkampf helfen wenig und ich nehme wahr, dass die Menschen die Phrasendrescherei im Wahlkampf satt haben. Nehmen Sie nur die Schuldiskussion! Seit Jahrzehnten verspricht man uns gute Bildung. Und was ist passiert? Nichts! 

Weder CDU noch SPD haben in 20 Jahre ein ideologiefreies Schulgesetz hinbekommen. Vor Ort wird seit Jahrzehnten diskutiert und gestritten. Gefundene Kompromisse scheitern dann an Landesvorgaben und den Schulen, den Kindern und den Eltern hat das alles nichts gebracht.

Wir werden also schauen, ob meine Parteilosigkeit wirklich schwierig oder das Gegenteil der Fall ist. Es wird sehr spannend!

Es hat aber sicher auch Vorteile, wenn man aus unabhängiger Position abseits der festen politischen Linien der Parteien argumentieren kann?

Unabhängigkeit ist immer wertvoll und ist oft auch der Schlüssel zum Erfolg. Es liegt halt daran, was man daraus macht. In den ganzen Jahren meiner politischen Laufbahn habe ich zwei Dinge gelernt. Erstens ist Zuverlässigkeit die Voraussetzung für alle Verhandlungen und zweitens: Nach der Wahl wird aus gutem Grund versucht, vertrauensvoll mit denen zusammenzuarbeiten, die das Volk gewählt hat. Von daher ist alles Bangemachen vor einem parteilosen Abgeordneten schlicht dumm und unrealistisch. 

Und wer genau hinschaut, wird bemerken, dass auch die Zugehörigkeit zu einer Partei in den Jahren nach der Wahl für unsere Region nichts, aber auch nichts gebracht hat.

Ich denke, wer mit berechtigten Anliegen sachlich um die Ecke kommt, wird Gehör finden. Und wenn das nicht der Fall ist, kann ein parteiloser Landtagsabgeordneter sehr interessante Fragen stellen, denn er muss eben nicht das Parteilied singen.

Und genau das ist auch mein Motiv. In den vergangenen Jahren hätten die Parteivertreter vor Ort so viele kritische Fragen zum Thema Schule, zum Thema Verkehr oder auch zur Pandemie stellen müssen. Haben sie es getan? Die Antwort darauf lautet schlicht nein! 

Und zu einer Aussage wie „Ich gehe den leisen Weg“ muss man feststellen, dass es Situationen gibt, in denen muss man auch als Parteimitglied laut und kritisch gegen die eigene Partei werden. Das ist das Wesen der Demokratie! Und das vermisse ich seit Jahren!

Wo sehen Sie die größten Baustellen der aktuellen großen Koalition in Hannover? Wo müssen noch Hausaufgaben gemacht werden?

Andreas Dobslaw: Da gibt es einige Baustellen! Wie bereits dargestellt, ist im Bereich Schule viel zu tun. Gleiches gilt für die Bereiche Straßen- und Schienenverkehr. 

Aber am wichtigsten erscheint mir, dass man die neue Landesregierung, egal wer sie stellt, einmal nachhaltig daran erinnert, dass es Uelzen und Nordost-Niedersachsen gibt. Die Welt in Hannover endet seit 20 Jahren augenscheinlich an den Kreisgrenzen Lüneburg und Celle, und genau das müssen wir ändern. 

Die Menschen hier haben ein Recht darauf, dass der Ministerpräsident nicht nur zur Türöffnung am 23.12. jeden Jahres vorbeischaut, sondern sich auch sonst für die Region interessiert! In den vergangenen 20 Jahren ist da leider einiges schiefgelaufen.

Foto: privat