Bahntrasse Hamburg-Hannover: Bundesverkehrsministerium antwortet Lüneburger Schreiben – gegen dreigleisigen Ausbau – Uelzener Bürgerinitiative weiter gegen Neubau der Trasse
Lüneburg/Uelzen. Post aus Berlin: Das Bundesverkehrsministerium in Person von Staatssekretär Michael Theurer stimmt den 14 Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunen sowie Bundes- und Landespolitik weitestgehend zu. Unter anderem haben Bad Bevensens Stadtdirektor Martin Feller und Jelmstorfs Bürgermeister Markus Krug als zwei der 14 Unterzeichner für die Verkehrswende und einen damit verbundenen starken Schienenverkehr in Norddeutschland für künftige Generationen geworben. Von einem „klimafreundlichen Verkehrsträger Schiene“ spricht auch der Staatssekretär in seinem Antwortschreiben. „Unser Appell ist in Berlin angekommen und wird ernst genommen“, sagen Feller und Krug. Theurer ist der Überzeugung, dass die „Schienenstruktur zweifelsfrei weiter ausgebaut werden muss“, um den klimafreundlichen Verkehrsträger Schiene mit mehr Kapazität und attraktiven Verbindungen zu stärken. Der Staatssekretär benennt explizit die Strecke zwischen Hamburg und Hannover. Bereits im Zuge der Erarbeitung des Bundesverkehrswegeplans 2030 wurde laut Theurer deutlich, dass die Ausbaukonfiguration des originären Alpha-E – ein drittes Gleis auf der Bestandsstrecke – nicht ausreichend ist, um den verkehrlichen Anforderungen insbesondere mit Blick auf die notwenige Kapazität zu genügen.
Lüneburgs Landrat Jens Böther. „Das Bundesverkehrsministerium stimmt uns in allen wichtigen Punkten zu – das ist für mich eine richtig gute Nachricht, die dem Landkreis Lüneburg mit seiner Position in Niedersachsen den Rücken stärkt.“ Für die Unterzeichner des Schreibens steht fest: Nur ein Neubau entlang der Autobahn A7 macht für die künftige Trasse wirklich Sein. Ein Ausbau der Bestandsstrecke wird abgelehnt – unter anderem kommt das Nein aus Bad Bevensen und Jelmstorf: Dort rechnet man bei einer solchen Lösung mit jahrelangen Bauarbeiten und enorme Nachteile unter anderem für den Tourismus.
Dass es nicht unbedingt die Trasse entlang der A7 werden muss, befürchtet die Bürgerinitiative Trassenwahn Region Uelzen – denn es ist auch eine Planungvariante der Bahn bekannt geworden, laut der eine Neubautrasse Kirch- und Westerweyhe zerschneiden und durch den Uelzener Stadtwald führen würde. Genau durch diese sensiblen Gebiete wanderten deshalb am Wochenende unter der Leitung von Dirk Marwede rund 60 Teilnehmer vom Landschaftsschutzgebiet Wächtersberg aus startend Richtung Norden.
Marwede: „Der Sieken ist ein Naturschutzgebiet, durch das niemals eine Bahnstrecke führen sollte. Mehr als 360 Pflanzenarten sind hier nachgewiesen und machen diese eiszeitliche Endmoräne zu einem ganz besonderen Stück Natur.“ Vom Ausgangspunkt ist der mögliche Trassenverlauf bis weit ins Westerweyher Gebiet und bis zum Stadtwald gut zu übersehen. Dass hier einmal Personenzüge und Güterverkehr geschützt durch eine sechs Meter hohe Schallschutzwand fahren könnten – nicht nur für die Mitglieder der Bürgerinitiative unvorstellbar. Direkt betroffen von einer Bahnlinie wären auch die Bewohner der ehemaligen Ziegelei, die seit 1974 stillliegt. Hier rollten schon einmal Züge aber nur zwischen der Ziegelei und der ehemaligen Tonkuhle – dem Ziel der Wanderer.
Für die Unterzeichner und Befürworter des Lüneburger Schreibens ohnehin nicht der richtige Trassenverlauf: „Um den klimafreundlichen Verkehrsträger Schiene auch in Niedersachsen mit mehr Kapazität und attraktiven Verbindungen zu stärken, muss die Schieneninfrastruktur zweifelsfrei weiter ausgebaut werden“, heißt es indes in dem Schreiben aus Berlin, das konkret die Strecke Hamburg–Hannover benennt. Drei Gleise reichen dem Bund dafür nicht aus – damit bestätigt das Bundesverkehrsministerium die Auffassung, die Landrat Jens Böther und Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch zuletzt auch gegenüber Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies vertreten hatten.
Im gemeinsamen Schreiben hatten die Akteure aus der Region Lüneburg ein rechtssicheres Verfahren gefordert, um die verkehrlich beste Lösung zu finden. Sehr deutlich macht das Ministerium auch den Faktor Wirtschaftlichkeit: „Die Wirtschaftlichkeit (Nutzen-Kosten-Verhältnis größer oder gleich 1) ist dabei für eine Realisierung des Projekts aus Bundeshaushaltsmitteln in jedem Fall unabdingbar.“ Diese Voraussetzung erfüllt bisher nach Informationen der Deutschen Bahn nur eine Neubaustrecke entlang der A 7, der Ausbau der Bestandsstrecke sowie der bestandsnahe Ausbau – beides Varianten, die den Landkreis Lüneburg durchschneiden, liegen hingegen eindeutig unter dem Wert 1,0. "Dies stellt klar, dass jeder Versuch, die Bedeutung dieses Umstandes zu relativieren, nicht mitgetragen werden kann", betont Lüneburgs Landrat Jens Böther: „Nur gemeinsam schaffen wir es, den Bahnverkehr für die kommenden 100 Jahre zu gestalten, die Verkehrswende voranzubringen und so den Klimaschutz ernst zu nehmen.“ Ein Verzicht auf eine zukunfts- und leistungsfähige Neubaustrecke, nur weil es Proteste von Betroffenen gebe, sei für ihn nicht der richtige Weg.
Laut Schreiben von Theurer besteht auf der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Hannover allerdings auch kurz- und mittelfristig Handlungsbedarf. Der Teilabschnitt zwischen Stelle und Uelzen ist zum „überlasteten Schienenweg“ erklärt worden. Zur Abhilfe werden deshalb kleine und mittlere Maßnahmen mit vorgesehener Umsetzung im Zeitraum 2026 bis 2029 geplant. „Das ist für uns sehr wichtig, vor allem auch um den Pendlerverkehr zwischen Bad Bevensen und Hamburg und auch nach Hannover zu stärken“, sagt Feller. Er und Krug freuen sich über die Zusammenarbeit der Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunen sowie Bundes- und Landespolitik.
Hintergrund:
Gemeinsam warben sie für die Verkehrswende und einen starken Schienenverkehr in Norddeutschland für künftige Generationen: 14 Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen sowie Bundes- und Landtagsabgeordnete aus dem Landkreis Lüneburg und der Region unterzeichneten am 17. Dezember 2022 gemeinsam mit Landrat Jens Böther ein Schreiben an Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing. „Das ist ein starkes Signal an den Bund“, sagt der Landrat. „Unser gemeinsames Ziel ist die verkehrlich beste Lösung – denn über diese Schienen muss der Bahnverkehr für die kommenden hundert Jahre rollen.“ Dafür fordert der Landkreis schon lange ein Raumordnungsverfahren, das alle Interessen – darunter die Machbarkeit, aber auch den Schutz von Mensch und Natur – abwägt.
An der Vorbereitung des Schreibens beteiligten sich als Bundestags- und Landtagsabgeordnete aus der Region: Jakob Blankenburg (SPD), Julia Verlinden (Grüne), Anna Bauseneick (CDU), Uwe Dorendorf (CDU), Pascal Mennen (Grüne), Philipp Meyn (SPD), Detlev Schulz-Hendel (Grüne). Für die Kommunen unterzeichneten Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch, Hansestadt Lüneburg, die Samtgemeindebürgermeister Steffen Gärtner, Samtgemeinde Gellersen, Heiner Luhmann, Samtgemeinde Bardowick, Christoph Palesch, Samtgemeinde Amelinghausen, Peter Rowohlt, Samtgemeinde Ilmenau sowie Stadtdirektor Martin Feller, Bad Bevensen, und Bürgermeister Markus Krug, Gemeinde Jelmstorf.
Foto (privat): Dirk Marwede stellte den Mitwanderern den möglichen Streckenverlauf durch das Naturschutzgebiet vor.