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Lüneburg/Bad Bevensen

Zukunft der Bahnstrecke Hamburg-Hannover: Gegenwind für Ausbau der Bestandsstrecke kommt aus Lüneburg und Bad Bevensen

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Lüneburg/Bad Bevensen. Gemeinsam für starke Bahnverbindungen zwischen Hamburg und Hannover: Geschlossen traten Landrat Jens Böther, Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch, die Samtgemeindebürgermeister Steffen Gärtner und Heiner Luhmann sowie weitere kommunale Vertreter aus dem Landkreis Lüneburg und der Region in Berlin für einen Neubau und gleichzeitig die zügige Optimierung einer der wichtigsten deutschen Bahnstrecken ein.

Auch Martin Feller, Stadtdirektor Bad Bevensen, war mit dabei. Denn anders als beispielsweise die Hansestadt Uelzen, aus der ein klares Ja zum Ausbau der Bestandsstrecke kommt, hat sich Bad Bevensen deutlich für einen Neubau positioniert. Die Gründe nannte der Verwaltungsschef bereits im Gespräch mit den Uelzener Nachrichten: „Ein Ausbau der bestehenden Trasse auf dreigleisig wäre nicht nur mit einem immensen Kostenaufwand verbunden, es würde auch Jahre dauern, eine solche ‚Baustelle unter dem rollenden Rad‘, wie die Bahn es nennt, zu betreiben.“

Bad Bevensen sieht sich im Fall einer solchen Lösung in die Zange genommen: „Wir hätten jahrelang eine Baustelle direkt an der Kurstadt. Außerdem wird der Bau der A39 geplant. Es kann sein, dass die Autobahn dann erst einmal auf Höhe Bad Bevensen endet. Wenn wir im Westen die Baustelle Bahn hätten und im Osten die A39, könnte der Tourismus hier einpacken.“

Aus Uelzener Sicht wird unter anderem die Zerstörung wertvoller Natur, etwa beim Schlagen einer Schneise durch den Uelzener Stadtwald, im Falle eines Neubaus befürchtet. Außerdem bestehe das Risiko, dass die Hansestadt als traditionsreicher Bahnknotenpunkt noch weiter abgehängt werde, wenn die Trasse entlang der A7 gebaut werde, so Karl-Heinz Günther, Sprecher der Bürgerinitiative „Gegen den Trassenwahn der Bahn“.

Bei einem Treffen mit dem Vorsitzenden des Bundesverkehrsausschusses, Udo Schiefner (SPD) und Verkehrsobleuten aus dem Bundestag machten die Vertreter aus dem Landkreis Lüneburg und der Region als Berfürworter einer Neubau-Lösung deutlich: Der Deutschlandtakt für die Klima- und Verkehrswende funktioniert nur mit mindestens vier Gleisen zwischen Hamburg und Hannover – und das geht nur mit einem Neubau, ein Ausbau der Bestandsstrecke reicht nicht aus. Das Treffen hatte der Lüneburger Bundestagsabgeordnete Jakob Blankenburg (SPD) vermittelt.

„Unsere Botschaft in Berlin ist angekommen“, sagt Landrat Jens Böther. „Bei der Abstimmung im Bundestag im zweiten Halbjahr über die Strecke Hamburg – Hannover geht es um die Zukunft unserer Region. Wir aus der Region Lüneburg fordern eine faktenbasierte Entscheidung und die verkehrlich beste Lösung - für künftige Generationen.“ Damit grenzt sich der Landkreis Lüneburg von den Nachbarlandkreisen ab, die ausschließlich auf dem Ausbau der vorhandenen Strecke beharren, wie er vor acht Jahren im Dialogforum Schiene Nord ausgehandelt wurde. „Seitdem hat sich viel gedreht“, so der Landrat. „Der regionale Konsens dazu ist eine Legende. Unser Landkreis hat damals nicht unterzeichnet, Bürgerstimmen aus unserer Region wurden ausgeschlossen. Vor allem gibt es seither zahlreiche neue Erkenntnisse, die einfließen müssen. So gab es 2015 den Deutschlandtakt noch nicht, auch die angestrebten Hochleistungskorridore standen noch nicht auf der Agenda.“ Er sehe aber auch, dass die Menschen entlang der Strecke mitgenommen werden müssen – sowohl im Landkreis Lüneburg als auch in den Landkreisen entlang der Neubaustrecke an der A 7.

Entsprechend fordert Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch eine Versachlichung der Diskussion mit allen dafür notwendigen Daten aus den Vorplanungsergebnissen der Deutschen Bahn. Sie fügt hinzu: „Aus Lüneburger Sicht benötigen wir dringend und schnell zusätzliche Kapazitäten für tausende von Pendlerinnen und Pendlern, für die Mobilitätswende mehr Kapazitäten für den Schienengüterverkehr. Die Überlegungen zusätzliche Kapazitäten auf der Bestandstrecke im Rahmen der Generalsanierung ab 2026 zu schaffen begrüßen wir ausdrücklich – solange dafür keine Planfeststellungsverfahren nötig sind. Denn das würde keinen Deut schneller sein, als eine der anderen Varianten.“ Mit Blick auf die nach Einschätzung der Fachleute notwendigen vier Gleise betont Kalisch: „Diesbezüglich bleibt es dabei: vier Gleise durch Lüneburg mit erheblichen Eingriffen in vorhandene Bausubstanz und jahrelangen Beeinträchtigungen des Bahnverkehrs sind aus städtischer Sicht nicht denkbar. Und die schon vorliegenden Fakten der Deutschen Bahn belegen, dass dies auch keine volkswirtschaftlich sinnvolle Lösung ist.“

Bundestagsabgeordneter Jakob Blankenburg betont: „Unsere Region steht geschlossen. Das haben wir gestern in Berlin deutlich gemacht. Wir sind für eine deutliche Kapazitätssteigerung auf der Schiene. Zwischen Hamburg und Hannover müssen endlich mehr Züge rollen - für die Pendlerinnen und Pendler und für eine echte Verkehrswende. Wir brauchen daher eine Neubaustrecke entlang der A7, die nach neuesten Standards und unter Beachtung von hohen Lärmschutzmaßnahmen gebaut wird. Die Alternative, der Bestandsstreckenausbau, ist teuer, dauert zu lange und bringt massive Beeinträchtigungen während der jahrelangen Bauphase. Gleichzeitig wird er weder in Lüneburg noch im Rest von Deutschland für eine spürbare Verbesserung des Ist-Zustands sorgen.”

Ziel: Sachbezogene Diskussion anstoßen – dazu braucht es den Variantenvergleich der Bahn

Im Gespräch waren sich alle Beteiligten einig: Für die Kommunikation mit den Menschen in der Region und den politischen Entscheidungsprozess müssen die Vergleichsdaten der möglichen Trassenvarianten auf den Tisch. „Vor- und Nachteile für einen Neubau und die Ausbaumöglichkeiten könnte in dem Bahnpapier jeder klar nachlesen“, so Landrat Jens Böther. „Damit können wir die Diskussion versachlichen.“ Auch einer Verbesserung des Nahverkehrs auf der Schiene im Rahmen der bereits für 2026 geplanten Generalsanierung durch die Bahn steht die Region positiv gegenüber 

Das Fazit des Termins in Berlin fällt insgesamt positiv aus: „Die Verkehrspolitik-Experten des Bundestags haben uns zugehört“, sagt Landrat Jens Böther. „Das ist mir wichtig. Denn der Bundestag entscheidet nicht nur über die Schieneninfrastruktur in Norddeutschland, sondern auch über die Zukunftsfähigkeit unserer Region und unseres Landes – es geht um Klimaziele, wirtschaftliche Entwicklung, aber auch Lebensqualität der Menschen. Dieser Verantwortung muss die Bundespolitik gerecht werden.“

Folgende Personen nahmen an dem Gespräch in Berlin teil:

Landrat Jens Böther, Landkreis Lüneburg
Yvonne Hobro, Landkreis Lüneburg
Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch, Hansestadt Lüneburg
Erster Stadtrat Markus Moßmann, Hansestadt Lüneburg
Jürgen Kipke, Hansestadt Lüneburg
Samtgemeindebürgermeister Steffen Gärtner, Samtgemeinde Gellersen
Samtgemeindebürgermeister Heiner Luhmann, Samtgemeinde Bardowick
Samtgemeindebürgermeister Martin Feller, Samtgemeinde Bad Bevensen
Stv. Bürgermeister Claus-Philipp Graf, Gemeinde Jelmstorf

Udo Schiefner, Vorsitzender des Bundesverkehrsausschusses
Jakob Blankenburg und Dorothee Martin, SPD
Matthias Gastel und Susanne Menge, Bündnis 90/Die Grünen
Michael Donth, CDU
Dr. Dirk Spaniel, AfD
Dr. Carla Eickmann, Nds. Verkehrsministerium

Foto: Landkreis Lüneburg