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Landkreis Uelzen

Überblick: A39-Lückenschluss - Was für und gegen den Bau der Trasse spricht

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Von Michael Michalzik.

Uelzen/Landkreis. Um den Bau der A39 wird mehr denn je leidenschaftlich argumentiert und gerungen – bedeutender Infrastruktur-Baustein oder unnötiger Beton-Saurier aus vergangener Zeit? Die Uelzener Nachrichten tragen die Argumente zusammen.

Seit 20 Jahren wird der Lückenschluss der Autobahn 39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg geplant. 50 Kilometer Trasse würde durch den Landkreis Uelzen verlaufen – derzeit einem der wenigen Landkreise in Deutschland ohne Autobahn. Mit dem Neubau würde eine der letzten großen Lücken im deutschen Autobahnnetz geschlossen. Ein wesentlicher Profiteur wäre der Volkswagen-Konzern, der die Standorte Salzgitter, Braunschweig und vor allem Wolfsburg über eine einzige Trasse an den wichtigen Überseehafen Hamburg anbinden könnte. Das könnte eine unmittelbare Wertsteigerung aller Gewerbegebiete entlang der Strecke nach sich ziehen, die dann zusätzlich interessant für Zulieferer werden könnten.

Im Landkreis Uelzen machen sich prominente Befürworter wie Landrat Dr. Heiko Blume oder Jürgen Markwardt, Bürgermeister der Hansestadt, schon lange für die Realisierung des Projekts stark. Seit Jahren ist die Trasse mit dem Vermerk „vordringlicher Bedarf“ im Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. Und doch ist noch nichts passiert. Warum? Weil es Gegnern erfolgreich gelungen ist, gegen den Bau zu klagen. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) beispielsweise hatte das Projekt im Abschnitt zwischen Wolfsburg und Ehra-Lessien im Jahr 2019 auf dem Klageweg erfolgreich gestoppt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte festgestellt, dass der Bebauungsplan Fehler enthielt. Seitdem bekannt ist, wie wirksam der Rechtsweg ist, überziehen Autobahngegner die Planer mit Einsprüchen und Klagen, die alle einzeln abgearbeitet und widerlegt werden müssen. Derzeit liegen der bundeseigenen Autobahn GmbH fast 1.000 Einwendungen vor.

Was spricht für den Lückenschluss der A39? Befürworter versprechen sich unter anderem für Uelzen erhebliches wirtschaftliches Potenzial: „Autobahn bringt Arbeitsplätze“, lautet das Argument. Vor allem die Hansestadt könnte von einer „trimodalen“ Verkehrsinfrastruktur profitieren – zu Schienennetz und Elbe-Seitenkanal käme die Autobahn als wichtige Ergänzung hinzu. Auch die Entwicklung der Binnenhäfen entlang der Trasse, etwa Wittingen und Uelzen, werde begünstigt. Befürworter rechnen mit einer erheblichen Zunahme der Gewerbeansiedlungen. Weiterhin werde die A39 die erhebliche belastete und staugefährdete A7 ebenso entlasten wie die völlig überforderte B4. Ein Ausbau der B4 würde keine Kapazitätserweiterung bringen, betont beispielsweise der Nordland-Autobahnverein. Zudem werde durch den Bau der A39 der Tourismus durch schnelle Erreichbarkeit der regionalen Ziele gefördert. Und schließlich verbessere der Trassenneubau die Erreichbarkeit vieler Ortschaften der Region und erhöhe damit die Attraktivität für Pendler.

Was spricht gegen die A39? Der Dachverband der Gegner, KEINE A39, zählt auf: Der Hamburger Hafen, der die einst prognostizierten Verkehrsströme der A39 hätte aufnehmen sollen, stagniere in seiner Entwicklung seit Jahren. Durch Homeoffice habe außerdem der Straßenverkehr abgenommen. Und weiterhin werde die B4 derzeit dreispurig ausgebaut. Auch Bündnis 90/Die Grünen argumentieren, der Bau der A39 sei aus der Zeit gefallen und mit der geplanten Verkehrswende nicht vereinbar. Denn fest steht: Mit dem Bau der Trasse würden 3,2 Millionen Quadratmeter Fläche fest versiegelt. Das entspricht mehr als der 20-fachen Fläche des O-Sees. Ein weiteres Problem dürfte auf Bad Bevensen zukommen: Da jetzt offenbar feststeht, dass die Bahntrasse Hamburg-Uelzen-Hannover ausgebaut und nicht an anderer Stelle neu gebaut wird, kann sich die Kurstadt darauf einstellen, in den kommenden Jahren zwischen Bahnbaustelle im Westen und A39-Baustelle im Osten eingekeilt zu werden.

Ebenfalls Fakt: Vor 20 Jahren wurden die Kosten für den Lückenschluss mit 433 Millionen Euro beziffert. Inzwischen geht die Autobahn GmbH von bis zu 2 Milliarden Euro für den Bau aus. Ablehner des Projekts stellen inzwischen die Kosten-Nutzen-Rechnung infrage. Ein weiteres Gegenargument: Es gibt bereits alternative Autobahntrassen – die A7 ist seit vielen Jahren die Standard-Nord-Süd-Trasse. Hinzu kommt der Weiterbau der A14 von Magdeburg in Richtung Norden. Warum drei Nord-Süd-Trassen in unmittelbarer Nähe zueinander, fragen A39-Gegner. Sinnvoller sei ein vierspuriger Ausbau der B4 zu einem Bruchteil des Preises, der darüber hinaus sämtliche Ortschaften dort durch Umfahrungen von der hohen Verkehrsbelastung befreien würde.

Während die Debatte weiter wogt, ist man bei der Autobahn GmbH zuversichtlich, die ersten Spatenstiche bei Lüneburg und Wolfsburg im kommenden Jahr vornehmen zu können – wenn die Einwände geklärt sind.

Grafik: Adobe Stock